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Wer liest, der weiß mehr

Bibliothek und Realschule wollen Lesekompetenz fördern

Von Elke Bösch
Rahden (WB). Lesen bildet, fördert die Intelligenz, vermittelt wertvolles Wissen, und ein Buch ist spannend, fesselt nicht selten so, dass es nicht mehr aus der Hand gelegt werden kann.

Doch diese wichtige Erfahrung teilen heute gerade junge Menschen immer weniger mit ihren Vorgängergenerationen. »Besonders für Jungen - aber nicht nur - ist Lesen uncool«, bringt es die Leiterin der Stadtbibliothek Rahden, Andrea Al Saydali, auf den Punkt. Deshalb war sie sofort begeistert, als ihr die zweite Konrektorin der Freiherr-vom-Stein-Realschule, Margarete Kaiser, ein Projekt vorschlug. »Mit einer Kollegin hatte die Pädagogin einen Kongress in Dortmund besucht und dort im Rahmen der Bildungsinitiative NRW von einer Kooperation zwischen Büchereien und Schulen gehört. Inzwischen ist die Tinte unter dem Vertrag zwischen Rahdener Bibliothek und Rahdener Schule getrocknet und eine Maßnahme erfolgreich beendet.
Hauptziel dieser Initiative ist es, die Lesekompetenz der Schüler zu fördern. Hand in Hand arbeiten Bücherei und Lehranstalt zusammen, ein Arbeitskreis mit fünf Lehrerinnen der Realschule, einer Elternvertreterin sowie Andrea Al Saydali und ihrer Kollegin Regina Bollhorst ist gebildet. Diese Acht beschäftigen sich intensiv mit der Materie. »Es ist leider so, dass gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten Defizite beim Lesen haben und das wirkt sich auf Leistung negativ aus. Manche Schüler verstehen gar nicht, was sie lesen, egal, ob es sich um Inhalte aus dem Internet, einen historischen Text oder den einer Mathematikaufgabe handelt«, berichten Margarete Kaiser und ihre Kollegin Monika Horstmeier.
Schule und Bücherei haben sich zum Ziel gesetzt, den Jugendlichen Impulse zum Lesen zu geben, die Hemmschwelle zur Bücherei und damit zum Buch abzubauen. Die Lesekompetenz zu fördern hält der Arbeitskreis für unabdingbar. Denn: »Die Erwartungen an die Schüler sind groß. Die Jungen und Mädchen müssen darauf vorbereitet werden, in der Gesellschaft zu bestehen«, betonen Al Saydali, Kaiser und Horstmeier. Das Wissen habe die Produktion verdrängt. Deshalb werde Lesen immer wichtiger. Wer sich in der Wissenschaftsgesellschaft nicht behaupten könne, sei nur bedingt konkurrenzfähig. Deshalb möchte die Kooperation gerade Kindern aus bildungsfernen Schichten die Chance geben, ihren Weg zu machen. »Wir können und dürfen sie nicht einfach runter fallen lassen und vielleicht sogar in die Sozialhilfe entlassen«, sind sich Horstmeier und Kaiser einig.
Und der Arbeitskreis verlor keine Zeit: Die fünften Klassen wurden gestern bereits eingeführt in die Nutzung der Stadtbibliothek. »Dadurch, dass Schüler gemeinsam die Bücherei aufsuchen, sinkt schon die Hemmschwelle. Manch einer kommt wieder. Buch und Lesen werden Normalität«, hoffen die Initiatorinnen.
Und auch der nächste Termin ist bereits festgelegt. »Lernen, mit Nachschlagewerken umzugehen« steht am 7. März für sechste Klassen auf dem Stundenplan. Dann werden die Mädchen und Jungen nicht per Suchmaschine im Internet, sondern in Lexika nach dem »Pfifferling« oder der »Toskana« suchen. Über diese so genannten Schwerpunkttage hinaus stellt der Arbeitskreis Medienboxen zusammen und bestückt »Leserucksäcke«, drei an der Zahl mit jeweils 30 Büchern, die dann in den Klassen rotieren. Die Schüler können sich so Exemplare ihrer Wahl aussuchen und lesen. »Denn ohne diese Fähigkeit werden sie nicht nur im Deutsch-Unterricht immer wieder mit Problemen konfrontiert werden«, befürchten Büchereileiterin und Pädagoginnen.
Auf die 90 »verpackten« Bücher müssen übrigens die jungen Nutzer der Stadtbibliothek nicht verzichten. Denn, so freut sich Al Saydali, »die Stadtsparkasse wird sie sponsern.« Auf Unterstützung der Stiftung »Standort hier« hofft die Realschule. »Wir führen Gespräche über die Anschaffung von Büchern für unsere Schulbibliothek, die außerdem umgestaltet werden soll, so dass auch Leseplätze entstehen.«
Doch nicht nur der Stadtsparkasse gilt der Dank des Arbeitskreises. Auch die Kommune, also die Stadt Rahden, unterstützt nicht nur ideell dieses Projekt. »Ich war positiv überrascht, dass der Fachausschuss einer Erhöhung unserer Stundenzahl von 30 auf 32 Wochenstunden empfohlen hat und uns dadurch die nötige Zeit für dieses Bildungsprojekt geben will.«

Artikel vom 23.02.2006