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Bürokratie lähmt weiter

Weniger Statistik und mehr Flexibilität gewünscht

Von Friederike Niemeyer
Altkreis Halle (WB). Die »Modellregion OWL« hat sich inzwischen landes- und sogar bundesweit mit der Initiative zum Bürokratieabbau profiliert. Jetzt sollen in einer dritten Phase weitere Vorschläge auf den Weg gebracht werden. Auch die Firmen im Altkreis sehen Bedarf.

»Wir haben den gleichen bürokratischen Aufwand wie Großunternehmen«, klagt etwa Wolfgang Linnert, der in seiner CD-Rom-Produktion NOD in Steinhagen-Brockhagen sechs Mitarbeiter beschäftigt. Brandschutz, Kosten für Handelskammer und Berufsgenossenschaften und besonders die regelmäßigen Meldungen an das Statistische Bundesamt seien hinderlich. Und, als spezielles Problem des Altkreise: »Die A 33-Diskussion tut mir richtig weh. Eine schnelle Verkehrsanbindung ist für uns überlebensnotwendig.«
Erhard Wichmann, Geschäftsführer des Holzpaletten-Produktions- und Reparatur-Betriebes WiHo in Steinhagen, sieht die Statistik ebenfalls als »großen Schwachsinn« an, weil kein realistisches Bild erzeugt werde. Er hat durch einen »WiHo-Außenposten« den Vergleich zur Bürokratie in Polen. Aber: »Da ist es schlimmer, weil unbeweglicher. In Leistung und Service sind das Welten zu Deutschland.« Bürokratieabbau könnte für Erhard Wichmann aber auch schon in den Köpfen so manches Mitarbeiters in Großunternehmen beginnen: »Einige Büro-Leute sollten mal ein Praktikum im eigenen Betrieb machen, um zu wissen, worum es geht.«
Auch Wolfgang Borgert, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL und Mitglied der Steuerungsgruppe zum Bürokratieabbau, kennt die Ärgernisse. »Die neue Regelung zur früheren Abgabe der Sozialversicherungsbeiträge etwa bringt viel Papierkram mit sich -ĂŠabenteuerlich«, nennt er ein Beispiel. Oder die Ökosteuer. »Ein Antrag auf Befreiung braucht enorm viel Zeit. Da verzichten viele lieber gleich.« Im Kreis Herford gibt es deshalb einen Umweltcheck für Existenzgründer. Wolfgang Borgert könnten sich auch generell einen Bürokratie-TÜV vorstellen, bei dem geplante Gesetze auf ihre Auswirkungen hin überprüft werden.
IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden, im Fachbeirat der OLW-Marketing GmbH mit dem Bürokratieabbau befasst, denkt auch an Alt-Gesetze: »Effizient zu realisieren ist Bürokratie-Abbau nur dann, wenn für jedes neue Gesetz mindestens anderthalb alte Gesetze abgebaut werden.« Generell verweist er aber auf die Erfolge des Projekts, die mittlerweile auch von den Unternehmen registriert würden, beispielsweise die Zusammenlegung von Arbeitsschutz- und Umweltschutzamt. Aber, so von der Heiden: »Es wäre schöner gewesen, wenn die Vereinfachung bei Genehmigungen schon in Zeiten da gewesen wäre, als die Investitionen noch besser sprudelten.«

Artikel vom 23.02.2006