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Europa-Werbung mit
falschen Argumenten

Angleichung der Lebensumstände anstreben


Zu dem Beitrag »Europa für 87 Euro rechnet sich«:
Als Normalbürger bin ich daran interessiert, das zu tun, was die Amerikaner als »pursuit of happiness« bezeichnen. Und dabei ist es mir gleichgültig, ob dies im Rahmen eines vereinten Europas oder auf nationaler Basis geschieht. Ich weiß aber, dass das vereinte Europa nur funktioniert, wenn eine »Angleichung der Lebensumstände« erfolgt, wenn also die Deutschen ärmer und die anderen reicher werden. Meine Skepsis wird zusätzlich genährt, wenn Politiker für Europa mit solchen falschen Argumenten geworben wird wie in diesem Artikel.
Ein Handelsüberschuss ergibt sich nicht kausal aus der politischen Union mit anderen Staaten. Wenn ich behaupten würde, dass der deutsche Handelsüberschuss mit China darauf beruhe, dass eben keine politische Union zwischen uns und China besteht, dann wäre das genauso unsinnig wie die klugen Worte des CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok. Eine Freihandelszone würde sich als Basis guter Handelsbeziehungen genauso gut eignen, wäre aber billiger als die teure Lösung, für die Brok so kräftig wirbt.
Und so hält er es auch mit dem Euro. Drei durchaus zutreffende Argumente führt er zu dessen Gunsten an. Die möglichen Nachteile aber verschweigt er. Beispielswiese gilt für eine nationale Währung, dass das für Importe ins Ausland strömende Geld -Ê auf welch verschlungenen Wegen auch immer - irgendwann im Inland wieder ausgegeben werden muss. Andernfalls wäre dieses Guthaben ein auf ewig zinsfreier Kredit an die jeweilige Zentralbank. Das hat sich mit der Einführung des Euro fundamental geändert.
Wenn ein polnischer Lieferant durch Zusammenarbeit mit einem deutschen Unternehmen ein Euro-Guthaben erwirbt und dieses dann für seinen Urlaub in Spanien verwendet, hat die deutsche Binnennachfrage definitiv und endgültig nichts davon. Dieser währungstechnische Mechanismus wirkt sich mit Sicherheit negativ auf die deutsche Volkswirtschaft aus, weil jeder Besitzer eines Euro-Guthabens möglichst viel für sein Geld haben möchte und dieses deshalb nicht unbedingt in einem Hochlohnland ausgibt, sondern eher bei unseren billigeren Nachbarn. Was sagt Elmar Brok zu dieser Problematik?
HERMANN KOHLHAGE33102 Paderborn

Artikel vom 16.03.2006