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Menschliche Tragweite im Mittelpunkt

Ausstellung in der Petri-Kirche zu sexueller Gewalt berührt als »Trilog«

Versmold (mh). Dass sexueller Missbrauch an Kindern ein allgegenwärtiges Thema ist, ist heutzutage vielen bewusst. Jedoch stehen oft Statistiken und Rechtsbestimmungen im Blickpunkt, kaum aber die menschliche Tragweite. Genau dieser nimmt sich die Ausstellung »Öffne die Augen« an, die seit Samstag in der Petri-Kirche zu sehen ist - erstellt von zwei betroffenen Frauen.

Beate Assmann aus Iserlohn und Ellen Rachut aus Preußisch Oldendorf gestalten ihre Ausstellung als »Trilog«: Beate Assmann schrieb zwei Bücher, auch um ihre Erlebnisse aufzuarbeiten, und malte Bilder. 27 dieser Werke, die nicht in erster Linie als Kunst verstanden werden sollen, sind in der Sammlung zu sehen, die in der Petri-Kirche nun ihre 69. Ausstellung seit 1996 erlebt. Kombiniert werden die Bilder mit Textausschnitten, die ihrem Buch »Mein ganz erschrocknes Herz erbebt« entnommen sind. Als dritte Komponente kommen die selbstkomponierten Musikstücke Ellen Rachuts hinzu, die während der Ausstellung erklingen.
»Wir möchten uns mit dem Thema nicht aggressiv oder anklagend auseinandersetzen«, erklärte Ellen Rachut bei der Ausstellungseröffnung am Samstagnachmittag, »sondern kreativ, sensibel, Mut machend.« Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist packend, weil ehrlich. Sicher wird sich dem Betrachter die ganze Dimension der traumatischen Erlebnisse betroffener Kinder nicht öffnen, aber er bekommt ein Gefühl dafür.
Zentrales Thema in Bild, Text und Musik ist die »Mondfrau«, die mit Hanna, einer offensichtlich stellvertretenden Protagonistin, korrespondiert. Auf vielen der Bilder findet sich eine runde, helle Fläche, die den Mond, in einigen Darstellungen auch die Sonne symbolisieren kann. Durchaus sind nicht alle Bilder von dunklen, düsteren Tönen beherrscht. Auch farbenfrohe Exemplare sind darunter, wenn auch unklar und verwischt. »Das ist diese schöne Scheinwelt, mit der die Kinder ihre Erlebnisse überdecken, um überhaupt fröhlich sein zu können«, schildert Ellen Rachut. »Dieser Gegensatz soll den Betrachter zur aktiven Auseinandersetzung motivieren.«
»Daher auch der Titel der Ausstellung«, erklärt Ehemann und Mitorganisator Siegfried Rachut. »Sie wendet sich an Opfer und Angehörige. Sie soll die hinterhältige Entwürdigung der Kinder offenbaren und zeigen, dass Betroffene nicht allein sind.«
Kunstkreisvorsitzende Ulrike Poetter führte die Besucher in ihrer Eröffnungsansprache in die künstlerische Dimension der Werke ein: »Beate Assmanns abstrakte Malerei könnte zu ganz unterschiedlichen Interpretationen ermuntern - wären da nicht diese Kinderfotos, die collagenartig in die Bilder eingearbeitet sind. Die Exponate eröffnen Dimensionen und Deutungen, die frösteln lassen.« Für Besucher besteht deshalb die Möglichkeit, ihre Gefühle in einem Gästebuch aufzuschreiben. Im Laufe der Jahre haben sich Einträge dieses Buch zu einem eigenen Bestandteil der Ausstellung entwickelt.
Zu sehen ist die Ausstellung, die von der Gleichstellungsbeauftragten Ulrike Schmidt nach Versmold geholt wurde, bis zum 10. März montags bis freitags zwischen 15 und 17 Uhr sowie individuell nach Absprache mit Pastor Christoph Grün.

Artikel vom 20.02.2006