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TuS chancenlos und vorgeführt

Schwächste Saisonleistung in Großwallstadt wird mit einer 25:37-Klatsche bestraft

Lübbecke/Großwallstadt (law). So hatte sich Sigi Roch die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte nicht vorgestellt: Der Handball-Bundesligist TuS N-Lübbecke bezog am Samstagabend beim TV Großwallstadt eine deftige 25:37-(12:17)-Niederlage und zeigte die schlechteste Leistung seit dem Abstieg im Jahr 2002. Die Nettelstedter waren von der ersten Minute chancenlos und mussten es sich gefallen lassen, vom Altmeister in der zweiten Halbzeit vorgeführt zu werden.

»Das war schon sehr bitter. Wir haben auch in dieser Höhe verdient verloren, weil uns der Biss fehlte«, grantelte Roch, der während des Spiels doch im Trainingsauzug auf der Tribüne saß, um für den Notfall einspringen zu können. Roch weiter: »Großwallstadt ist keine Übermannschaft, sondern muss unsere Kragenweite sein. Es war zwar ein Auswärtsspiel, aber wir wurden vorgeführt. Es kann nicht sein, dass die gegnerischen Rückraumspieler nicht angegangen werden«.
Kapitän Paco Fölser kommentierte ratlos und frustriert: »Bei uns lief gar nichts zusammen. Das war so schlecht.« Und er bekräftigte seine Worte noch mit einem deftigen, nicht druckreifen Kraftausdruck.
Gegen die offensiv ausgerichtete, hellwache und schnellfüßige Großwallstädter Deckung griff keines der Konzepte, die sich der TuS zurecht gelegt hatte. »Wir haben es nicht geschafft, den Ball laufen zu lassen und haben den Kampf nicht angenommen. Auch in der Abwehr konnten wir nicht an die Leistung aus Flensburg anknüpfen«, analysierte Trainer Jens Pfänder nach dem Spiel.
Der TuS begann in der Formation, die vor Wochenfrist in Flensburg ein respektables Ergebnis erreicht hatte. Paco Fölser und Dirk Hartmann blieben zunächst auf der Bank. Schnell war zu sehen, dass das Angriffsspiel stockte. »Zu wenig Bewegung und zu statisch«, meinte Paco Fölser. Die Würfe aus dem Rückraum fanden nicht ihr Ziel; Kreis und Linksaußen (Dragan Sudzum bekam kein einziges Anspiel) wurden nicht ins Spiel einbezogen. Liefen die Außen ein, konnte der entscheidende Pass nicht angebracht werden.
Hätte Nandor Fazekas in der ersten Viertelstunde nicht einige hundertprozentige Chancen des TVG entschärft: der 7:2-Zwischenstand in der 13. Minute wäre noch höher ausgefallen.
Doch nach diesen sieben Paraden bekam der angeschlagene Fazekas nur noch einen einzigen Ball zu fassen. »Nandi hat sich trotz seiner Verletzung in den Dienst der Mannschaft gestellt. Torsten Friedrich hatte signalisiert, im Notfall spielen zu können. Irgendwann ist Nandi in ein Loch gefallen, aus dem er nicht mehr herauskam. Das Zusammenspiel mit der Abwehr klappte nicht mehr«, nahm Pfänder seinen Schlussmann in Schutz. Aber auch die kurzzeitige Einwechslung Friedrichs (43. - 51. ) brachte auf Grund des Trainingsrückstand nichts.
Ein wenig besser lief es, als Pfänder Daniel Kubes im Angriff brachte. Der Tscheche kam sogleich zu drei »leichten« Toren und der TuS blieb beim 11:9 (21.) auf Tuchfühlung. Einige technische Fehler der Nettelstedter nutzend, baute der TVG seinen Vorsprung kurz vor der Pause allerdings auf 16:12 aus. Was folgte, war symptomatisch für das Lübbecker Spiel: Ein verfrühter Abschluss beim TuS, ein Fehler der Großwallstäter, wiederum ein überhasteter Wurf, Konter und das 17:12 mit der Schlusssirene für die Hausherren!
»Zur Halbzeit hätte es enger stehen können, doch das haben wir uns selbst verbaut«, kommentierte Pfänder. In der zweiten Halbzeit lief dann überhaupt nichts mehr zusammen. Dem zwischenzeitlich eingewechselten Patrick Fölser war seine lange Verletzungspause deutlich anzumerken: Beim Kapitän klappte so gut wie nichts. Nach dem 18:14 in der 32. Minute gelangen in den nächsten 13 Minuten lediglich zwei Tore. So konnte sich der TVG leicht auf 25:16 (45.) absetzen. Die Entscheidung!
Kurz zuvor hatte Daniel Kubes seine dritte Zeitstrafe kassiert: wegen Meckerns! Danach brachen alle Dämme und die Mainfranken führten den TuS nach allen Regeln der Kunst vor. Selbst als sich der TuS in doppelter Überzahl befand, wurde er durch zwei ungehinderte Rückraumtore des Kreisläufers Jens Tiedtke düpiert. Der Schock dieser Niederlage saß tief. »Vielleicht haben wir uns nach dem Flensburg-Spiel zu sicher gefühlt, jedenfalls sind wir nun auf dem Boden der Tatsachen. Das Heimspiel gegen Wilhelmshaven am nächsten Samstag ist ein Spiel gegen den Abstieg.«, resümierte Pfänder, der hinzufügte, dass »uns Leidenschaft und Kampf gefehlt« haben. Dass der TuS mehrere Wochen ohne Torwart trainieren musste und massive Verletzungssorgen hatte (van Olphen stand zwar auf dem Spielbericht, wurde aber nicht eingesetzt), sei laut Jens Pfänder ein Grund, aber keine Entschuldigung.
Unmittelbar nach dem Spiel zeigte die Mannschaft eine Geste, die es in der langen Bundesligageschichte des TuS Nettelstedt-Lübbecke noch niemals zuvor gegeben hatte: Noch in der Kabine wurde beschlossen, den mitgereisten 30 Fans aus der Mannschaftskasse »als Entschuldigung für unseren Auftritt« (Fölser) den Bus für die im März anstehende Auswärtsfahrt nach Hamburg zu bezahlen.

Artikel vom 20.02.2006