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Kunden wollen wissen, wo Geflügel herkommt

Vogelgrippe rückt näher: Stallpflicht wird kontrolliert

Von Michael Robrecht
Brakel/Bad Driburg (WB). Besorgte Bürger haben in den Kreisen Höxter und Paderborn nach Bekanntwerden des Ausbruchs der Vogelgrippe auf Rügen schon 70 tote Vögel bei den Behörden gemeldet. »Angezeigt« wurden nicht nur ein toter Fischreiher von der Bever in Dalhausen, sondern auch verendete Enten, Tauben und Singvögel. Die Tiere werden in Detmold untersucht. Besonders in den 800 landwirtschaftlichen Betrieben im Hochstift, die Geflügel aufziehen, geht jetzt die Angst vor einer Epidemie um.

Auf den Wochenmärkten - wie in Brakel am Freitag und am Samstag in Höxter - ergab eine WESTFALEN-BLATT-Blitzumfrage keine Kaufzurückhaltung bei den Kunden. Willi Mikus, Geflügelzüchter aus Drenke, hat mit vielen Menschen über die Vogelgrippe diskutiert und dutzendfach Aufklärung betrieben. »Meine Frau und ich haben festgestellt, dass viele Kunden von den Discountern zu uns zurückgekommen sind, weil sie Qualität wollen«, sagte Mikus. Die Menschen fragten, wo die Tiere herstammten und wie sie aufgezogen würden. »Der größte Teil der Kundschaft macht sich durch die Nachrichten aus Rügen aber nicht verrückt«, so der Drenker. Wie Elisabeth Hansel an ihrem Geflügelwagen in Brakel so hat auch Familie Mikus am Wochenende sogar mehr Umsatz gemacht, »weil sich viele noch etwas zum Einfrieren holen«.
Das NRW-Landwirtschaftsministerium hat die Kommunen angewiesen, die laufenden Untersuchungen von Wildvögeln auf Vogelgrippe auszuweiten und zu kontrollieren (das WB berichtete Donnerstag über die Maßnahmen des Kreises Höxter). Das Virus H5N1 kann über Kotproben nachgewiesen werden. Spaziergänger, die tote Wildvögel wie Schwäne, Gänse oder Enten finden, sollen die Kreisverwaltung Höxter (05271-965-268 und -269) informieren. Die Behörde leitet dann alle Maßnahmen ein, um die Tiere auf Vogelgrippe zu untersuchen. Anfassen sollte man die Vögel nicht. Verendete Wildvögel sind aber um diese Jahreszeit keine Seltenheit, da nach dem Winter viele Tiere geschwächt sind, so Experten. »Ein toter Schwan muss nicht an der Vogelgrippe gestorben sein, aufgrund der Lage untersuchen wir das aber in jedem Fall genau«, so das Umweltministerium (Hotline: Tel. 0211-45 66 666).
Die Stallpflicht für Geflügel gilt seit dem 17. Februar und zunächst bis Ende April. Betroffen vom Aufstallungsgebot seien Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse, sagte Dr. Jens Tschachtschal, Amtstierarzt des Kreises Höxter. »Die Stallpflicht im vergangenen Herbst ist in NRW ohne größere Probleme umgesetzt worden«, erklärte Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg. »Die Stallpflicht kann jedoch keine Dauerlösung sein«, meinte Uhlenberg. So müssten noch mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Vogelgrippe in den Ursprungsländern einzudämmen. NRW habe einen Experten in die Türkei entsandt. Auch schlug der Landwirtschaftsminister vor, künftig Hobby- und Rassegeflügel gegen die Vogelgrippe zu impfen.
Für Geflügelhalter hat das NRW-Landwirtschaftsministerium die wichtigsten Fakten zur Vorbeugung gegen die Vogelgrippe in einem kostenlosen Merkblatt zusammengestellt: Der Handel mit Geflügel (auch über Wochenmärkte) ist unter Auflagen erlaubt: Das Geflügel muss 14 Tage vor dem Verkauf aufgestellt gewesen sein. Die Tiere müssen zwei Tage vor dem Verkauf klinisch tierärztliche untersucht worden sein. Ein Betreten des Stalles ist nur mit Schutzkleidung möglich. Zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung (Inkubationszeit) liegen Stunden bis wenige Tage. Die Erkrankung mit offenen Anzeichen dauert eine Woche, das Virus kann jedoch von überlebenden Tieren bis zu 30 Tage ausgeschieden werden. Kranke Tiere sind apathisch, haben ein stumpfes gesträubtes Federkleid, hohes Fieber und verweigern Futter und Wasser. Manche zeigen Atemnot, Niesen und haben Ausfluss. Für den Drenker Geflügelzüchter Willi Mikus wäre der Fund eines erkrankten Vogels in seinem Dorf und als Folge eine Drei-Kilometer-Sperrzone »das Grauen«. Wenn dann sein Geflügel getötet werden müsse, zahle hoffentlich alles die Seuchenkasse...

Artikel vom 20.02.2006