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Auf dem Weg der Orientierung

Übergangscoach Hans Boden hilft Schülern bei der Berufswahl

Von Matthias Kleemann
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Wer Berichte aus der Sportwelt in der Zeitung, im Radio oder im Fernsehen verfolgt, der wird es wissen: »Coach« ist das englische Wort für Trainer. Folglich wäre der »Übergangscoach« an der Lisa-Tetzner-Schule, Hans Boden, auch so etwas wie ein Trainer. Das ist wohl soweit auch richtig. Denn eine seiner Aufgaben besteht darin, mitzuhelfen, die jungen Leute fit fürs Berufsleben zu machen.

Zwar ist Hans Boden erst seit dem 1. September vorigen Jahres als Übergangscoach an der Schule, aber der Diplom-Pädagoge kann einschlägige Erfahrungen vorweisen. Denn bis zum 31. August 2005 war er als Schulsozialarbeiter an der Heidbrinkschule in Wiedenbrück, einer Förderschule für Lernbehinderte, für den Übergang von der Schule zum Beruf zuständig. Das Projekt ist allerdings ausgelaufen.
Auch die Einrichtung des Übergangscoaches an der Lisa-Tetzner-Schule ist befristet, und zwar bis zum Ende des kommenden Jahres. Sie ist Bestandteil des OWL-weiten Projektes »Erfolgreich in Ausbildung«. Die Projektleitung für die Übergangscoaches an den Hauptschulen im Kreis Gütersloh liegt bei der Schul- und Bildungsberatung des Kreises Gütersloh, Anstellungsträger in Schloß Holte-Stukenbrock ist die Arbeiterwohlfahrt.
Es ist nicht so, als ob in Sachen Ausbildung an der Lisa-Tetzner-Schule bisher nichts gelaufen wäre. Die Schule beteiligt sich beispielsweise an einem Projekt namens »StuBO« (Studien- und Berufs-Orientierung), es gibt einen Berufswahlkoordinator, das ist der Lehrer Peter Stolper. »Ich bin hier mit offenen Armen empfangen worden«, berichtet Hans Boden. Das Verhältnis zur Lehrerschaft sei sehr gut.
Dabei hat die Arbeit des Übergangscoaches einen etwas anderen Ansatz als die anderen Projekte. Abstimmungen sind trotzdem nötig, insbesondere bei der so genannten Akquise. Auch in der Vergangenheit haben Lehrer schon Kontakt zu heimischen Unternehmen aufgenommen, um Schüler in Ausbildungsstellen zu vermitteln. Boden will jetzt noch einen Schritt weiter gehen und Partnerunternehmen werben, die regelmäßig an der Schule präsent sind und Angebote machen, zum Beispiel Bewerbungstraining. Es ist eine Vielzahl von Maßnahmen, die ineinander greifen und sich ergänzen. »Alle gehören mit ins Boot.«
Das ist auch wichtig, denn: »Die überwiegende Mehrheit der Schüler weiß nicht, was sie will«, sagt Boden. Die Erkenntnis rührt aus Gesprächen mit allen 108 Schülern des zehnten Jahrgangs. Vielleicht ein Dutzend von ihnen habe bereits jetzt einen verbindlichen Lehrvertrag in der Tasche. Boden ist von diesen Fakten nicht sonderlich geschockt, denn genau deswegen ist er ja an der Schule. Seine Hilfe wird angenommen, die Schüler kommen nach ersten Gesprächen freiwillig zu ihm, um nächste Schritte abzusprechen.
Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen die Eltern es nicht erlaubt haben, hat Hans Boden für jeden Schüler ein Profil erstellt. Die Daten sollen in Kürze auch in eine elektronische Datenbank übertragen werden. Dieser Schritt ist die Voraussetzung, um die Schüler unterstützen zu können. Denn nur so lässt sich klären, wie die Ausbildungs- und Berufsperspektiven für jeden einzelnen aussehen. Es gab Fragebögen, die die Schüler auszufüllen hatten und persönliche Gespräche.
Boden unterteilt die Schüler in drei Gruppen: Jene, die ständig neue Berufswünsche haben und sich überhaupt nicht festlegen wollen, jene, die sich total auf einen einzigen Berufswunsch fixiert haben und jene, die absolut unrealistische Vorstellungen haben. Interessanterweise gibt es bei den Traumberufen nach wie vor die alten Denkmuster: Viele Mädchen möchten immer noch Friseurin werden und viele Jungen am liebsten Kfz-Mechatroniker.
»Ich muss die jungen Leute zunächst auf den Weg der Orientierung setzen«, sagt Hans Boden. Ein Berufsinteressentest ist als erster Schritt vielfach hilfreich. Erstaunt stelle manch einer fest, dass er vielleicht Neigungen im Bereich Hauswirtschaft oder Ernährung habe. Für die »Härtefälle« gibt es ein Angebot der Arbeitslosen-Selbsthilfe in Gütersloh. Dort können Unentschlossene ihre Fähigkeiten in zwei Berufsfeldern testen und werden dabei von Fachleuten beobachtet. Zu diesem so genannten Assessment hat Boden zehn Schüler angemeldet.
Dann kommen Jobsuche und Bewerbung, ein Prozess, in dem viele Schüler zurzeit stecken. Hans Boden hilft auch bei der Formulierung von Bewerbungen, obwohl das eigentlich nicht seine Aufgabe ist. »Es wäre schön, wenn sich dafür Ehrenamtliche finden würden«, meint der Übergangscoach. Denn dann könnte er sich stärker dem anderen Teil seiner Arbeit zuwenden, dem Aufbau der Verbindungen zu heimischen Unternehmen. »Ich kann keine Arbeitsplätze schaffen«, sagt er, »ich kann nur Gründe liefern, welche einzurichten.« Dazu gehört auch das Angebot, auch dann Ansprechpartner zu bleiben, wenn der Schüler im Betrieb seine Ausbildung aufgenommen hat.
Ziel insgesamt: »Wirtschaftswelt und Schulwelt sollen sich stärker durchdringen.« Hans Boden kann auch schon ein echtes Erfolgserlebnis verzeichnen. Auf dem Unternehmertag im November wurde er vom Chef eines Betriebs am Ort angesprochen, der noch eine freie Lehrstelle hatte. Boden vermittelte ihm drei Schüler, von denen einer die Stelle voraussichtlich bekommen wird.
Eine größere Zahl solcher Erfolgserlebnisse soll am Ende des Projektes im November kommenden Jahres stehen, dann wäre ein Ziel erreicht, nämlich die Steigerung der Übergangsquote, die derzeit bei 27,5 Prozent kreisweit liegt. Klar ist aber auch: Für einen dauerhaften Erfolg müsste das Projekt dann irgendwie weitergeführt werden.

Artikel vom 03.03.2006