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Ein Traum in Bronze wird wahr

Im Herbst sollen die neuen Glocken der Kaunitzer Marienkirche erstmals erklingen

Verl-Kaunitz (köh). Nach langer aufwändiger und teurer Restaurierung hat sich die Marienkirche in Kaunitz außen und vor allem innen in ein Schmuckstück verwandelt. Doch während durch die bunten Fenster das leuchtende Farbenspiel den sakralen Raum verzaubert, fällt in 20 Metern Höhe das Tageslicht durch schmale Fensterschlitze auf ein graues und unansehnliches Relikt aus den Anfängen des vorigen Jahrhunderts.

Drei alte Stahlglocken warten seit mehr als 80 Jahren darauf, durch ein neues Bronzegeläut ersetzt zu werden. »Jetzt ist die Zeit gekommen«, freut sich Pfarrer Joachim Cruse. Für den Geistlichen und seine Gemeinde wäre ein neues Geläut der krönende Abschluss des Erwachens ihrer Kirche aus dem Dornröschenschlaf. Im Frühjahr soll die Planung für die Glocken angepackt und der Auftrag ausgeschrieben werden. Und im Herbst sollen sie dann erstmals über den Dächern von Kaunitz erklingen.
Statt der ursprünglich vorgesehenen fünf werden es vier Glocken sein, die der alten Patronatsglocke von 1883 Gesellschaft leisten sollen. »Das wäre sonst zu teuer«, meint der Pfarrer. 70 000 Euro koste dieses Projekt ohnehin. »Und das Geld müssen wir ganz allein aufbringen«, sagt Pastor Cruse. Aber er kann auch bereits mit Spendengeldern rechnen. »Für zwei Glocken haben wir schon Spenderinnen«, freut er sich. »Für die Glocke zu Ehren der Heiligen Mutter Anna und für die Glocke zu Ehren der Heiligen Hildegard. Weitere Spender sind herzlich willkommen«, lacht Cruse. Neben diesen beiden Glocken und der Patronatsglocke werden zu dem Ensemble noch die Glocken zu Ehren des Heiligen Josef und des Heiligen Liborius gehören.
Das Kaunitzer Geläut soll wesentlich schlichter als das der Pfarrkirche St. Anna gestaltet werden, erklärt der Pfarrer. Als Vorbild dient die Patronatsglocke. »Eine kleine Inschrift reicht«, meint Cruse.
Das alte Bronzegeläut ist einst wie die Glocken so vieler Kirchen Opfer der Kriege geworden. 1917 wurden drei der damals vier Glocken in den Waffenschmieden eingeschmolzen. Zurück blieb die A-Glocke, die allein zu den Gottesdiensten rief. Eine kleine Wandlungsglocke, die ein Bürger der Gemeinde geschenkt hatte, gesellte sich hinzu und bekam ihren Platz hoch oben im Dachreiter. Da niemand wusste, wie lange der Krieg dauern würde, war guter Rat teuer. Pfarrer und Gemeinde glaubten aber damals nicht daran, ein neues Bronzegeläut eher als in zehn bis 20 Jahren zu bekommen. Solange wollte die Gemeinde aber nicht warten und vielfach wurde der Rat laut, Gussstahlglocken aufzuhängen. Mit diesem Wunsch war der damalige Pfarrer nicht so glücklich. Er gab zu bedenken, dass sie im Anschlag und Klang den weicheren Bronzeglocken nicht gleich kämen.
Doch es hatten sich bereits Spender für zwei Turmglocken gemeldet und so holte der Pfarrer Angebote ein. Die Firma Weule im Harz bekam den Auftrag. Im Februar 1919 wurden die Glocken mit den Tönen G, H und D feierlich geweiht. Die Gemeinde war mit ihren »Übergangsglocken« zufrieden, wie es in der Chronik heißt. Der Wunsch nach einem neuen Bronzegeläut blieb aber weiter wach. Zu schön war die Erinnerung an das alte Geläut von 1883 mit dem D-Dur-Dreiklang D fis A, das allgemein als das schönste und klangvollste im weiten Umkreis galt.

Artikel vom 17.02.2006