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Von Oslo zu den Aborigines

Herforder Maler und Graphiker Manfred Thom ist 80 Jahre alt

Von Ruth Matthes (Text)
und Jörn Hannemann (Fotos)
Herford (HK). Er ist ein Maler, der seinen Stil gefunden hat und sich nicht dem Zeitgeschmack unterordnet. Nicht um die seelenlose Virtuosität in einer Technik geht es ihm, sondern um die Inhalte, nicht um einzelne Motive, sondern um ganze Themenkomplexe. Mit seinen 80 Lebensjahren, deren Vollendung er Ende voriger Woche gefeiert hat, ist der Herforder Maler und Grafiker Manfred Thom ein ausgesprochen reger, produktiver Geist.

Viele Herforder kennen den gebürtigen Berliner aus ihrer Schulzeit. Nach seinem Studium an der Meisterschule in Hildesheim, der Kunsthochschule in Hamburg (bei Bauhauskünstler Gerhard Marcks) und an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin legte er 1952 das Staatsexamen ab. Nach einem »prägenden« Zwischenspiel an einer Waldorfschule in Lausanne kam Thom 1961 nach Herford und war hier zunächst als Realschullehrer tätig, bevor er 1970 als Kunstpädagoge an das Königin-Mathilde-Gymnasium wechselte.
Parallel dazu war Thom als Museumspädagoge im Daniel-Pöppelmann-Haus tätig. Er selbst stellte dort ebenfalls aus, aber auch in zahlreichen anderen Museen der Region und darüber hinaus. Von seiner Leidenschaft für das Meer und die nordische Literatur zeugen seine bekannten Küstenlandschaften und seine Arbeiten zu Storms »Schimmelreiter«. »Ich arbeitete mich sozusagen von Deutschland bis Norwegen die ganze Küste hoch«, erinnert sich Thom. Es folgten Ausstellungen in Dänemark, Norwegen und Schweden. »Erst später wurde mir bewusst, welche Ehre und außerordentliche Anerkennung es war, dass ich als erster Deutscher in Oslo im Rathaus meine Bilder der norwegischen Küste ausstellen durfte«, blickt Thom zurück.
Gern erinnert er sich auch an seine ehrenamtliche Arbeit als kunsterzieherischer Betreuer in der Justizvollzugsanstalt. »Die Jungs haben dafür gesorgt, dass ich auf dem Boden blieb.«
Seit Thom 1989 in den Ruhestand ging, widmet er sich verstärkt der eigenen Kunst. »Ich male drei- bis viermal so viel wie zuvor«, erzählt er. Dabei sei seine Bibliothek genau so wichtig wie das Malen an sich. »Die Literatur ist notwendige inhaltliche Gedankenführung für meine Malerei«, erläutert er. So hat er sich eingelesen in Themenkomplexe wie Josef und seine Brüder, die Göttliche Komödie, Faust, Eulenspiegel, Orpheus, Phönix und die Nibelungen und dazu Mappenwerke geschaffen, die bis zu 60 Arbeiten umfassen.
Wenn Manfred Thom seine Arbeiten auch am Gegenständlichen orientiert, so abstrahiert er sie doch auf das Wesentliche. Die ganz besondere Wirkung seiner Malerei erreicht er durch die Mischung von Ölfarbe und Graphit, deren Verhältnis er von Bild zu Bild variiert. »So gelingt es mir, keine glänzenden Ölschinken zu fabrizieren, sondern die Farbe in ihrer wesentlichen Wirkung und Kraft zu offenbaren«, sagt der Künstler. Durch das Aufschichten und korrigierende Entfernen bestimmter Farblagen erreicht er faszinierende Schattierungen und Flächenstrukturen. Manche seiner Arbeiten erinnern in ihrer Gestaltung an Lyonel Feininger. »Ich habe ihn erst richtig verstanden, als ich festgestellt habe, wie er seine Farbschichten komponierte«, erzählt Thom.
In Herford hat er seit 15 Jahren nicht mehr ausgestellt. »Australien ist dazwischen gekommen«, berichtet er schmunzelnd. Dort hat Manfred Thom mit seiner Frau eine zweite Heimat gefunden, seit seine Tochter in Canberra lebt. Jährlich vier Monate verbringt das Ehepaar in der Nähe von Tochter, drei Enkeln und Schwiegersohn. In der australischen Kunstszene hat Thom sich bestens etabliert. Galeristen, auch in Sydney, haben sich seiner Werke angenommen. Seine nächste Ausstellung führt ihn wieder auf den fernen Kontinent, dessen landschaftliche Schönheit er sich malend erschlossen hat -Êwie einst die Heimat des »Schimmelreiters«.

Artikel vom 17.02.2006