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Rektor Risch droht Studenten
mit Räumung durch die Polizei

Erstes Ultimatum verstrichen - Studenten halten weiter Rektorat besetzt

Von Manfred Stienecke
(Text und Fotos)
Paderborn (WV). Der Streit um die Einführung von Studiengebühren an der Universität Paderborn droht zu eskalieren. Rektor Prof. Dr. Nikolaus Risch wollte die am Mittwoch von Studierenden besetzten Verwaltungsbüros gestern polizeilich räumen lassen.

Ein am Morgen gesetztes Ultimatum, mit dem die Studierenden aufgefordert wurden, den Verwaltungsbereich der Universität bis 10 Uhr zu verlassen, ließ der Rektor allerdings verstreichen. Etwa zwei Dutzend Studenten hatten nach der spontanen Besetzung des Rektoratsflures am Mittwoch Mittag auf Notbetten in den Büros übernachtet.
Die zeitweise bis zu 200 Besetzer wollen ihre Protestaktion so lange friedlich fortsetzen, bis die Hochschulleitung die Einführung von Semestergebühren zurücknimmt. Falls das Rektorat aber den demonstrativen Protest mit Polizeigewalt beenden wolle, werde man keinen Widerstand leisten und der Aufforderung nachkommen, so ein Sprecher der Gruppe.
Zwei gestern Vormittag zur Beobachtung herbeigerufene Polizeibeamte suchten lediglich das Gespräch mit Rektor Risch, bevor sie das Uni-Gelände ohne weitere Anordnungen wieder verließen. Zuvor hatte sich der Rektor vergeblich darum bemüht, die Protestler zur Aufgabe zu bewegen. Die Besetzung des Verwaltungsflures sei für die Mitabeiter unzumutbar, zumal es von Seiten der Demonstranten »mehrere Fälle von Gewaltanwendung« gegeben habe. So sei die Rektoratssekretärin in seinem Büro weggeschubst worden. »Auch psychischer Druck ist so etwas wie Körperverletzung«, betonte Risch. Der Studentenvertretung (AStA), der sich hinter die spontane Protestaktion gestellt hat, warf er eine »falsche Form von Solidarität« vor.
In einer am Vormittag eiligst einberufenen Pressekonferenz verwiesen die Besetzer auf den friedlichen Charakter der Aktion. »Uns wird vom Rektor körperliche Gewalt vorgeworfen, das war nie unser Ziel«, so einer der Sprecher, Marco Ehinger. »Wir wissen nicht, welche Person gemeint ist. Die wäre von uns sofort von der Aktion ausgeschlossen worden.«
Die Besetzung sei ansonsten völlig friedlich und ohne Beschädigungen verlaufen. »Auch im Rektorzimmer ist alles so, wie wir es vorgefunden haben«, betont Ehinger. »Die Mitarbeiter der Verwaltung werden von uns in ihre Büros durchgelassen. Die haben sich am ersten Abend sogar höflich von uns verabschiedet und am nächsten Morgen gefragt, ob wir gut geschlafen hätten.«
Unterstützung bekommen die Paderborner Rektoratsbesetzer von Kommilitonen aus Bielefeld, die dort schon seit zwei Wochen eine ähnliche Aktion durchführen. Einer ihrer Sprecher warf dem Paderborner Uni-Chef eine völlig überzogene Reaktion vor. »Unser Rektor Timmermann hat gleich versucht, mit den Besetzern Kontakt aufzunehmen.« In Paderborn erlebe man jetzt den »fundamentalen Unterschied«. »Herr Risch ist nicht konfliktfähig bei einem solch heiklen Themai.«
Nach dem Abrücken der Polizeikräfte zeigte sich der Paderborner Rektor allerdings am Nachmittag kompromissbereiter. Er bot den Studierenden an, ihnen für ihren Protest andere Räumlichkeiten zu überlassen, wenn sie den Verwaltungsflur zu räumen bereit wären - allerdings ohne Erfolg. »Wir werden versuchen, die Studierenden weiter zu mobilisieren«, gibt sich Ehinger zuversichtlich, die Aktion trotz der begonnenen Semesterferien fortsetzen zu können. »Der Protest wird weiterlaufen.« Und eine der Demonstrantinnen fügte hinzu: »Wenn die Polizei nicht kommt, werden wir bleiben - dann sind wir auch in zwei Wochen noch da!«

Artikel vom 17.02.2006