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Rettungswagen auf Abwegen

Leitstelle schickt Sanitäter versehentlich an die Bielefelder Straße in Herford

Von Julia Lüttmann
Spenge (SN). Rebecca Behrens (17) steht noch unter Schock: Sie kümmerte sich am Sonntagmorgen um den 18-jährigen Spenger, der bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt wurde. »Er wurde schwächer und schwächer, bis er schließlich nicht mehr ansprechbar war«, berichtet sie. »Erst dann kam der Rettungswagen. Es schien Stunden zu dauern.« Immerhin 15 Minuten vergingen, bis die Sanitäter vor Ort waren. Die Folge eines »nicht ganz fehlerfreien Ablaufs«, wie Klaus Wöhler, Pressesprecher des Kreises, gestern auf Anfrage erklärte: »Die Wagenbesatzung wurde um 4.21 Uhr an die Bielefelder Straße in Herford geschickt.«

Der 18-jährige Spenger war am Sonntagmorgen nach einem Verkehrsunfall in Lenzinghausen seinen schweren Verletzungen erlegen. Er war Beifahrer eines ebenfalls 18-jährigen Spengers, der alkoholisiert gefahren war und auf der Bielefelder Straße die Kontrolle über seinen Wagen verloren hatte (diese Zeitung berichtete in der gestrigen Ausgabe).Ê
Der Notruf war am Sonntag um 4.15 Uhr eingegangen, die Polizei traf nach Angaben von Klaus Wöhler um 4.18 Uhr am Einsatzort ein. Um 4.21 Uhr wurde von einem Zeugen ein Rettungswagen (RTW) angefordert. Versehentlich wurde dieser jedoch, so Klaus Wöhler, an die Bielefelder Straße in Herford geschickt. Als sie an der Bielefelder Straße keinen Unfall vorfand, meldete sich die Rettungswagenbesatzung wieder bei der Leitstelle. »An diesem Morgen hat es um 4 Uhr eine Reihe von Einsätzen in Herford gegeben. In dem Notruf wurde Spenge nicht genannt«, versucht Klaus Wöhler zu erklären, jedoch nicht zu entschuldigen, wie es zu diesem Versehen kommen konnte.
Um 4.36 wurde schließlich der RTW durch die Leitstelle alarmiert, der um 4.40 Uhr am Unfallort eintraf. Weitere 13 Minuten dauerte es, bis der Notarzt vor Ort war. Der Notarzt sei erst um 4.40 alarmiert worden, da »seitens des Anrufers eine unklare Darstellung vorgelegen habe«, wie Klaus Wöhler erklärte. Wenn nicht genau feststehe, wo sich der Unfallort befindet, werde der Notarzt von der Besatzung des RTW nachalarmiert.
»Wir nehmen diesen Vorfall nicht auf die leichte Schulter«, unterstrich Klaus Wöhler gestern im Gespräch mit den SPENGER NACHRICHTEN. »Die Frage nach dem Unfallort ist eine Routinefrage.« Die Mitarbeiter würden, kündigte er an, noch einmal darauf hingewiesen.
Doch nicht nur das lange Warten auf den Rettungswagen, auch das Verhalten der Polizei wird von der Zeugin kritisiert: Die Beamten hätten sich nicht um das Unfallopfer gekümmert. Diesen Vorwürfen widerspricht Polizeipressesprecher Detlef Albers: Der Unfall sei der Polizei als Unfall ohne Verletzte gemeldet worden. Als die Beamten vor Ort eintrafen, habe sich herausgestellt, dass der Beifahrer, der später am Unfallort verstarb, doch verletzt gewesen sei. Die Beamten hätten umgehend den Rettungswagen angefordert.
Von der Alarmierung des Notarztes wurde abgesehen, da das Unfallopfer augenscheinlich nur leicht verletzt gewesen sei. Er hatte nach dem Unfall noch selbst die Straße überquert, der Zeugin Rebecca Behrens erzählt, dass es ihm gut gehe und dass er nach Hause wolle. Wie Detlef Albers betonte, sei jedoch sofort der Notarzt alarmiert worden, als es dem 18-Jährigen schlechter ging. Zudem sei er von zwei Männern aus der Nachbarschaft, die letzten 15 Minuten zusätzlich von einem Polizeibeamten betreut worden. »Die Kollegen waren fast die ganze Zeit dabei - bis der Rettungswagen eintraf«, stellte Albers klar.

Artikel vom 14.02.2006