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»Wohnungslosigkeit wird
verdeckt weiter steigen«

Sozialberatungsdienst kritisiert Änderungen an Hartz IV

Herford (bex). Ein »irrsinniger Aufwand«, die Zerstörung jahrelanger Präventionsarbeit, eine Verschärfung sozialer Missstände - insgesamt eine »Rolle rückwärts« sind aus Sicht des Sozialberatungsdienstes der Diakoniestiftung die geplanten Änderungen bei Hartz IV.
Das Gesetzesvorhaben stößt bei den Handelnden vor Ort auf massive Kritik. Mietrückstände werden künftig nur noch als Darlehen und nicht mehr als Beihilfe übernommen. So will der Staat sparen. »Dadurch wird aber ein fataler Kreislauf in Gang gesetzt, der in die Obdachlosigkeit führt und unter dem Strich teurer wird«, sagt Jutta Henke, Leiterin des Sozialberatungsdienstes. Gemeinsam mit der Stadt und der ARGE arbeite man an einem Präventionssystem für Wohnungslose. Besonders die Stadt sei daran interessiert, um die immensen Kosten für die Obdächer zu reduzieren. So soll zum 1. April - ironischerweise am Tag des Inkrafttretens der Hartz IV-Änderungen - im Rathaus eine Präventionsstelle eröffnet werden. »Da sind die neuen Regelungen kontraproduktiv«, sagt der stellvertretende Sozialberatungsdienst-Leiter Andreas Wolf.
Auch die Vorgabe, dass unter 25-jährige ALG II-Empfänger künftig wieder bei ihren Eltern wohnen müssen, wo sie dann geringere Leistungen beziehen, sei nicht hinnehmbar. »Einerseits sollen sie mobil und flexibel sein, dürfen aber nicht den elterlichen Haushalt verlassen«, kritisiert Sozialarbeiter Gregor Tschimmel. Den jungen Menschen werde das Recht auf freie Wohnungswahl entzogen. Das würden sich die Betroffenen aber nicht bieten lassen. »Sie werden trotzdem ausziehen.« In der Praxis werde dadurch die verdeckte Wohnungslosigkeit steigen. Bereits jetzt seien rund 40 Prozent der jährlich etwa 470 Klienten des Sozialberatungsdienstes junge Erwachsene.

Artikel vom 14.02.2006