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Ein Kapitän mit Diplom

Maaß muss Spielerrat »ersetzen«

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Wenn es um taktische oder personelle Umstellungen geht, lässt sich Paderborns Trainer Jos Luhukay nur ungern in die Karten schauen. Wer aber am Sonntag gegen den FC Hansa Rostock den SC Paderborn 07 als Kapitän auf das Feld führt, beantwortet der 42-Jährige kurz und knapp: »Stephan Maaß.«

Voraussetzung ist allerdings, dass der komplette Spielerrat des Fußball-Zweitligisten gegen den Erstliga-Absteiger von der Ostsee auch tatsächlich ausfällt. Klar ist, dass der Nachfolger von Danijel Stefulj (wechselte in der Winterpause zu Rot-Weiss Essen), René Müller, nach seiner Roten Karte ein Spiel aussetzen muss. Sein Stellvertreter Markus Bollmann sah beim 2:0-Auswärtssieg in Ahlen bekanntermaßen die fünfte Gelbe Karte und sitzt für 90 Minuten ebenfalls nur auf der Tribüne. Dritter im Bunde ist Garry de Graef. Der kleine, aber seit Monaten groß aufspielende Belgier, wurde als Nachfolger von Stefulj in den Führungszirkel berufen und ist nicht gesperrt, seine Oberschenkelzerrung macht einen Einsatz am Sonntag aber zumindest sehr fraglich. Während Luhukay hofft (»Garry wird täglich behandelt und bis zum Spieltag ist noch viel Zeit«), schließt Günther Rybarczyk einen Einsatz nahezu aus: »Unsere Physios werden alles versuchen, aber ich rechne mit mindestens zehn Tagen Pause.«
Sollte Paderborns Sportlicher Leiter Recht behalten, wäre bei Maaß der Griff zum Kapitäns-Patent beschlossene Sache. »Stephan spielt eine überragende Saison, ist ein Paderborner Junge und hat auch das richtige Alter, eine Mannschaft zu führen«, lässt Luhukay überhaupt keine Zweifel aufkommen. Zurecht. Denn Stephan Maaß, der vor der Saison lange zögerte, das für Zweitligaverhältnisse nicht gerade üppige Angebot anzunehmen und zunächst auch nur für ein Jahr verlängerte, ist zu einem Stabilisator im defensiven Mittelfeld geworden. »Er hat sich unglaublich gut entwickelt und ist zu einer echten Größe im Team geworden«, lobt auch Rybarczyk das Eigengewächs, dass 2003 vom KFC Uerdingen zurück kehrte.
Erst lange umstritten und oft auf der Bank, jetzt Stammspieler bei einem gut aufgestellten Zweitligisten und am Sonntag auch noch in einer Führungsrolle - ein steiler Aufstieg, auf dessen letzte Stufe Maaß aber lieber verzichten würde: »Ich möchte ohne Kapitänsbinde und dafür mit Garry spielen.« Dennoch ist der gebürtige Mindener, der über den TSV Elbrinxen und SV Höxter noch als Jugendlicher den Weg nach Paderborn fand, stolz: »Für mich wäre es, trotz aller trauriger Umstände, eine Ehre und eine Anerkennung für meine Leistungen in den vergangenen Monaten.«
Sportlich läuft es rund, privat übrigens auch. Maaß, der seit mehr als einem Jahr mit der Peruanerin Jackeline verheiratet ist, schaffte sich Anfang des Jahres noch ein zweites berufliches Standbein. Der Betriebswirtschaftsstudent schloss mit Erfolg die Prüfung zum Diplom-Kaufmann ab.
Das Amt des Kapitäns ist am Sonntag übrigens nur das äußere Zeichen der Wertschätzung, die Stephan Maaß mittlerweile beim SCP genießt. Intern hat der 29-Jährige seinen Vertrag noch im alten Jahr vorzeitig um weitere 24 Monate verlängert. Natürlich zu finanziell besseren Bedingungen.

Artikel vom 15.02.2006