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Pokal für herausragende Kulturpflege

Gelungener Festakt in Bellersen mit Vorstellung der geplanten Kriminaloper -Êlebendige Literatur

Von Harald Iding
Kreis Höxter/Bellersen (WB). Gestern Berlin, heute Bellersen und morgen Bayreuth -Êin honoriger Gesellschaft kommt die kleine Brakeler Ortschaft im Rahmen der Deutschland-Initiative »Land der Ideen« zu hohen Ehren.

Der Heimat- und Verkehrsverein wurde zuvor von einer prominenten Jury (an der Spitze steht Bundespräsident Horst Köhler als Schirmherr) aus mehr als 1200 Bewerbern als »Ort des Tages« ausgewählt. Das bot jetzt Gelegenheit, im Rahmen eines mehr als dreistündigen Festabends in der Meinolfushalle diese Auszeichnung im Beisein vieler Ehrengäste auf adäquate Weise zu feiern. Denn am Wochenende gab es Weltliteratur zum Erleben. Was schon nachmittags bei Führungen zu authentischen Plätzen des berühmten Kriminalfalls die Teilnehmer begeisterte, setzte sich mit einem ebenso anspruchsvollen Programm in der Festhalle fort.
Zu den »Akteuren« des Abends zählten unter anderem der »Komponist der Gegenwart«, Walter Steffens (er hat seinen Wohnsitz von Berlin an dessen »grünen Vorort«, eben Marienmünster, verlegt), sowie die Mezzosopranistin Jeanette Giese und Bariton Volker Schrewe. Beide gehören dem erfolgreichen Chansontheater »fortepiano« an. Diese drei prominenten »Hülshoff-Fans« stellten dem Publikum -Êunter ihnen Höxters stellvertretende Landrätin Carola Breker, der Regierungsvizepräsident Anton Schäfers aus Detmold sowie Bürgermeister Friedhelm Spieker (Brakel) -Êdie Eckdaten der geplanten Kriminaloper »Der Winkelhannes« vor. Die Uraufführung soll im Frühjahr 2007 sein. Das Buch des heimischen Autors Horst-Dieter Krus, »Mordsache Soistmann Berend«, bildet dabei die Grundlage für das viel versprechende Werk Steffens, dessen Oper »Die Judenbuche« (op. 65) laut einer Kritiker-Umfrage der Zeitschrift »Opernwelt« die wichtigste und interessanteste Uraufführung des Jahres 1993 gewesen ist.
Steffens Kriminaloper ist unterteilt in 20 Stationen -Êvom Dorf Bellersen (Familienmilieu), Soistmann Berend (Kauf, Mahnung und Klage), des Mordes bis zur großen Wende (Freikauf), der Abweisung bis zum tragischen Ende bei Holzhausen. Vor genau 200 Jahren soll es nämlich passiert sein -Ê dass sich der Täter im dortigen Wald erhängte.
Unter dem Titel »B - ein Dorf sucht einen Mörder« wird Bellersen von der Deutschland-Jury dafür gelobt, »dass es sich zu der finsteren Geschichte bekannt hat -Êzu dem Mord an dem jüdischen Händler Soistmann, den einer der ihren unter einer Buche erschlagen hatte«. Heinz Düsenberg, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins, stellte in seiner Ansprache heraus, dass man den Festabend eigentlich der Fußball-Weltmeisterschaft verdanke. »Und vor allem spreche ich hier Horst-Dieter Krus Dank aus. Er hat nämlich unseren Verein ins Rennen geschickt, um den Pokal, um die Anerkennung als Ort der Idee, zu bekommen«. Der Ansatz von Bellersen überzeugte die Jury. So wird gelobt, dass der Brakeler Ort zeigt, dass Deutschland ein Land der Ideen ist -Êein Land engagierter Bürger.
Bellersen und das vorgestellte Projekt, nämlich die Kulturpflege aus dem Dorf, seien von »herausragender Bedeutung für Deutschland.« Schon jetzt profitiere Bellersen von dieser Auszeichnung, die von der Deutschen Bank als exklusiver Partner der Initiative gefördert wird und am Samstag von Agnes Brune (Deutsche Bank in Höxter) an die Vertreter des Vereins offiziell übergeben wurde. Denn die Brakeler Ortschaft ist in einem reich bebilderten Reiseführer aufgenommen worden, in dem alle 365 Orte mit ihren Besonderheiten zu finden sind.
Der gelungene Festakt mit einem wissenschaftlichen, literarischen und musikalischen Teil stand für das hohe Niveau der Auseinandersetzung Bellersens mit den Inhalten der Novelle. Düsenberg erinnerte dabei an Droste-Hülshoffs Wunsch: »Ich will jetzt nicht berühmt werden, ich möchte aber nach hundert Jahren noch gelesen werden«.

Artikel vom 13.02.2006