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»Das Geld folgt dem Patienten nicht«

28 niedergelassene Ärzte in Bad Driburg nehmen geschlossen am Aktionstag teil

Von Jürgen Köster
Bad Driburg (WB). Die niedergelassenen Ärzte in Bad Driburg haben ihre Praxen gestern Vormittag für zwei Stunden geschlossen. Statt Patienten zu behandeln, haben sie in der Fußgängerzone auf die Missstände im Gesundheitssystem aufmerksam gemacht.

»Alle 28 niedergelassenen Haus- und Fachärzte haben sich an der Aktion beteiligt«, erklärte Dr. Eugen Pape. Über die gute Resonanz freuten sich auch seine Kollegen Helmuth Erdmann, Johannes Blümel, Dr. Matthias Sablotny und Dr. Andreas Rasche, die die Aktion am Raiffeisenbrunnen koordiniert hatten. Im Gespräch mit Passanten, Patienten und auf Informationstafeln machten die Mediziner ihre Position deutlich. Klare Kritik äußerten sie auch hinsichtlich der Qualifikation von hochrangigen Politikern. »Die Justizministerin ist Juristin, die Gesundheitsminister oder -ministerinnen sollten eigentlich Mediziner sein«, forderten die Sprecher der Bad Driburger Ärzte.
Sie monierten die Medikamentenregresse und die Leistungskürzungen der Krankenkassen, wiesen auf den drohenden Ärztemangel hin und machten ihrem Ärger über die im April anstehende Bonus-Malus-Regelung Luft. Danach wird ein Hausarzt zusätzlich mit Honorarabzug bestraft, wenn er sein Medikamentenbudget überschritten hat. Die Folge wären Billigmedikamente für Kassenpatienten. »Die Patienten haben doch jetzt schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie teure Medikamente benötigen. Viele von ihnen sind total verunsichert«, urteilte der Chirurg Helmuth Erdmann. »Es ist auch nicht nachzuvollziehen, dass der Chirurg die Operation übernimmt, aber der Hausarzt die Fäden ziehen soll«, steuerte eine Patientin Kritik aus ihrer Sicht bei.
»Auf 118 000 niedergelassen Ärzte kommen 130 000 Krankenkassenmitarbeiter«, machte Johannes Blümel auf einen weiteren Missstand aufmerksam. Früher sei die Verweildauer im Krankenhaus wesentlich länger gewesen, heute würde vieles ambulant behandelt. »Das Geld aber folgt dem Patienten nicht«, kritisierte Erdmann im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Seine Patienten hätten schon im Vorfeld Verständnis für die Protestaktion bekundet, »sie dient ja schließlich auch dem Interesse der Patienten«, so Erdmann.

Artikel vom 11.02.2006