11.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Neue Initiative gegen Stalking

Bundesrat geht gegen Zwangsehen vor - Vorsorgeuntersuchungen gefordert

Berlin (dpa/Reuters). Bund und Länder wollen jetzt gemeinsam den strafrechtlichen Schutz von Opfern hartnäckiger Verfolgung, dem so genannten Stalking, voran bringen.
Wie am Freitag am Rande der Bundesratssitzung bekannt wurde, haben sie sich auf die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe geeinigt, die möglichst rasch einen Gesetzesvorschlag erarbeiten soll.
Der Bundesrat beschloss am Freitag dennoch zunächst erneut einen eigenen Gesetzentwurf zur künftigen Strafbarkeit von intensiven Belästigungen durch Psychoterror und Verfolgungen. Dieser müsste nun nach dem üblichen Verfahren demnächst im Bundestag beraten werden. Nach dem Vorschlag des Bundesrats sollen Täter, die andere Menschen belästigen oder mit Psychoterror verfolgen, mit Haft von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Der Vorstoß geht über den Gesetzentwurf der alten rot-grünen Bundesregierung hinaus. Er sieht insbesondere auch die Einführung einer so genannten Deeskalationshaft vor. Sie würde eine neue Art von Untersuchungshaft darstellen, mit der verhindert werden soll, dass Täter ihren Opfern weiter nachstellen können, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig verurteilt worden sind.
Die Deeskalationshaft hatte die alte rot-grüne Bundesregierung immer abgelehnt. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) unterstrich aber im Bundesrat nochmals, dass die Einführung dieses Instruments notwendig sei. Mancher Täter benötige »einen Schuss vor den Bug«. Beim Stalking seien viele Wiederholungstäter zu beobachten.
Der Bundesrat hat auch einen neuen Anlauf zur Strafbarkeit von Zwangsverheiratungen unternommen. Die Länderkammer verabschiedete mit großer Mehrheit einen Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg, der die Einfügung eines speziellen Tatbestands im Strafgesetzbuch mit einer Strafandrohung von bis zu zehn Jahren Haft vorsieht. Damit würden insbesondere türkische Frauen, die in Deutschland zu Ehen gezwungen werden, besser geschützt. Zudem sollen Ehen, die durch Drohungen zu Stande gekommen sind, künftig leichter aufzuheben sein. Bislang sind Zwangsverheiratungen als besonders schwerer Fall der Nötigung im Gesetz erfasst. Die Freiheitsstrafe kann bis zu fünf Jahren betragen.
Die Länder fordern den Bund auf, Verwahrlosung und Misshandlungen von Kindern durch verbindliche Vorsorgeuntersuchungen einzudämmen. Der Bundesrat verabschiedete am Freitag auf Initiative Hamburgs einen entsprechenden Entschließungsantrag.
Die Länder tragen den Kompromiss der großen Koalition zur Förderung der Kinderbetreuungskosten mit. Im Bundesrat fand die Vereinbarung eine breite Mehrheit. Der Bundesrat dringt auf verbesserten Datenabgleich im Kampf gegen den Missbrauch von Sozialleistungen. Die Länderkammer billigte am Freitag einen Antrag Baden-Württembergs an die Bundesregierung, schnellstmöglich eindeutige Rechtsgrundlagen für einen Datenabgleich zwischen Ermittlungsbehörden und den Trägern von Sozialleistungen zu schaffen. Der Antrag zielt darauf, dass Ermittlungsbehörden künftig Daten, die zur Bekämpfung von Sozialleistungsmissbrauch von Interesse sein können, an die Träger von Sozialleistungen weiter reichen können.
Der Bundesrat will mit einer Zulassung von Ersatzbewerbern künftig Nachwahlen zum Bundestag im Fall des plötzlichen Todes eines Direktkandidaten vermeiden. Er beschloss einen entsprechenden Gesetzesantrag.

Artikel vom 11.02.2006