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Flucht als »Mademoiselle«

Hans J. Wiltmanns Erlebnisse als Kriegsgefangener

Von Stefanie Hennigs
Versmold-Peckeloh (WB). Einmal im Jahr von Kanada nach Deutschland zu fliegen -Êdas ist für Hans J. Wiltmann selbstverständlich. Dieses Mal hat er jedoch etwas ganz Besonderes im Gepäck: Sein eigenes Buch.

Der gebürtige Peckeloher hat die Geschichte seiner Flucht aus französischer Kriegsgefangenschaft in seinem Buch »Und wenn mich 100 Teufel jagen!« aufgeschrieben. Nach Tagebuchaufzeichnungen, die er nach den gefährlichen und entbehrungsreichen Tagen der Flucht gemacht hat: In Frauenkleidern und mit Perücke war er als französische »Mademoiselle« 1947 von einer Weindomäne in Südfrankreich geflohen, um wieder in die Heimat zu kommen. »Ich war natürlich unsicher, ob es nicht auffällt«, erinnert sich der 79-Jährige, der vor 31 Jahren nach Kanada ausgewandert ist, um sich dort am Huronsee mit einer Ferienhausanlage eine Existenz aufzubauen. Gerade ist er mit Ehefrau Ruth bei seinem Sohn Dieter in Peckeloh zu Besuch. »Es wagte kaum jemand zu flüchten. Und wenn, wurden die meisten geschnappt.«
Doch die Flucht über die 3000 Meter hohen Seealpen nach Italien gelang -Êniemand erkannte in dem Mädchen mit der Ponyfrisur und Außenwelle den 20-Jährigen, der in den Zeitungen als Mann mit kurzgeschorenen Haaren gesucht wurde. Im vergangenen Sommer hat sich Hans J. Wiltmann hingesetzt und seine Geschichte aufgeschrieben. Er erlebte die Ereignisse dabei noch einmal neu: »Es gab Momente, da war es, als wäre es erst gestern geschehen. Doch einiges wusste ich auch nur noch aus meinen Tagebuchaufzeichnungen.« Warum er sich erst jetzt, fast 60 Jahre nach dem Geschehen, an die Schreibmaschine gesetzt hat? »Früher musste ich draußen sein, ich konnte mich nicht lange an den Schreibtisch setzen.« Doch im jüngsten kanadischen Sommer schrieb er die Erlebnisse innerhalb von sechs Wochen auf. Margret und Erwin Redecker, Freunde des Ehepaars Wiltmann, sind begeistert von der Lektüre: »Es ist spannend zu lesen, was er mitgemacht hat.« Ein renommierter Verlag in Frankfurt möchte das Buch jetzt veröffentlichen. »Mein Sohn hat schon gesagt: Wenn das einer in die Hand bekommt, macht er einen Film daraus«, schmunzelt Wiltmann. Seite NRW

Artikel vom 11.02.2006