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Kunden: vom ZDF bis El Dschasira

TV- und Radiosender aus aller Welt bestellen bei Schulze-Cleven in Brakel ihre Mikrofon-Windschütze

Von Michael Robrecht
Brakel (WB). Brakel ist überall! Egal, ob der Papst in Rom ein Interview vor der Weltpresse gibt, Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin zur Rente mit 67 spricht oder in Dubai ein Scheich in einer Pressekonferenz seine fünfte Ehefrau vorstellt: Windschütze »made in Brakel« sind immer dabei. Das Unternehmen Schulze-Brakel beliefert Hunderte von TV-und Radiosendern weltweit mit den windabweisenden, bunten Mikrofonaufsteckern aus Schaumstoff, die jeden Tag von vielen Millionen Menschen gesehen werden.

»Die Reporter brauchen unsere Windschütze gegen Wind- und Plopgeräusche, um jeden negativen Einfluss auf die Akustik auszuschalten«, erläutert Archibald Schulze-Cleven, der von Libanon bis Amerika und in ganz Europa seine Produkte und Neuentwicklungen auch persönlich in die Sender bringt. Für jedes Mikrofon wird in Brakel ein eigenes Windschutz-Design - immer passend zur jeweiligen Sender-Kennung - entworfen. Ob es sich um die ARD-Windschütze mit der markanten Eins, das orange ZDF-Mikro, ein rotes Exemplar mit Bömmel für Abu Dhabi-TV oder blau-weiß-rote Windschutzgarnituren für Putins Moskauer Staatskanal handelt, was die Fernseh- und Radioleute in Brakel - oft sehr kurzfristig - beim weltweit führenden Hersteller bestellen, das wird umgehend produziert.
Mit computergesteuerten Fertigungsautomaten stellen 30 Mitarbeiter (30% sind älter als 50!) in der Firma an der Warburger Straße aus Schaumstoff alle möglichen Formen in allen gewünschten Farben her. »Sogar Windschütze für kleine Ansteckmikros oder Sprechgarnituren haben wir im Programm«, sagt Archibald Schulze-Cleven. (62). Durch unterschiedliche Innenbohrungen in der Schaumstoffform können mit Spezialgeräten in Handarbeit Windschütze in lang, kurz, kugelig und quadratisch - je nach Sender-Mikro - hergestellt werden.
»So ein Windschutz für ZDF "heute" kostet zwischen 15 und 50 Euro«, rechnet der bekannte Brakeler Unternehmer vor, der bis vor ein paar Jahren auch Bundeswehr-Rucksäcke und Ausrüstung für die israelische Armee herstellte.
In nächster Zeit sollen noch mehr US-Sender für Brakeler Windschutz gewonnen werden; in Deutschland beliefert Firma Schulze 75 Prozent der Medien, auch die Märkte im Orient, in Indien, Indonesien, Osteuropa, Russland und die EU sind fest in Brakeler Hand. Selbst der mit Osama-bin-Laden-Interviews bekannt gewordenen Sender El Dschasira bestellt in Brakel.
Zu Aufträgen kommt der Geschäftsmann aus der Nethestadt manchmal durch ganz einfache Kontakte (»Mundpropaganda ist in diesem engen Markt mit das Wichtigste«): Auf dem Parkplatz des DSF (Sport-TV) in München sei er mit einer Dame ins Gespräch gekommen, die ihn zugeparkt habe. »Wir plauderten ganz nett, ich habe ihr meine Firmenadresse gegeben und weil sie nun wusste, was ich anbiete, habe ich kurze Zeit später einen Auftrag von 200 Windschützen für die DSF-Sport-reporter bekommen«, erzählt Schulze-Cleven. »Dann wurden zwei mal die DSF-Chefs gewechselt und prompt waren jedesmal 500 Windschutzgarnituren - wegen Logo-Wechsels - für uns drin«, weiß der Brakeler noch genau.
Als er kürzlich im Libanon einen ihm nicht weiter bekannten Sender beliefert habe, hätten ihn die Fernsehbosse dort persönlich empfangen. »Sie wollten an ihrer arabischen Sender-Kennung eine Kleinigkeit verändert haben. Weil kein Mikrofon zur Hand war, haben die mal eben in der Redaktion angerufen, und vor der nächsten Nachrichtensendung wurde dann für ein paar Sekunden das Sender-Logo groß im laufenden Programm für uns zum Anschauen eingeblendet«, schmunzelt Schulze-Cleven.




Als nächstes will seine Firma, die mit Melanie Boland auch eine Auszubildende in der Grafischen Abteilung beschäftigt, Mikro-Windschütze mit Fell anbieten. »Soetwas braucht Wetterfrosch Kachelmann, wenn er auf Hiddensee im Sturm steht, um die Geräusche wegzubekommen«, sagt Archibald Schulze-Cleven, dessen drei Söhne die Firmennachfolge nicht antreten werden und der in nächster Zeit einen Firmennachfolger sucht. 1969 ist er in das 1949 von seinem Vater Paul Schulze gegründete Unternehmen eingetreten. Er beschäftigte sich mit individuell eingefärbten Ohrpolstern (für die Lufthansa) und auch schon mit Windschützen. Nach manchen Höhen und Tiefen hat er 2002 die heutige Firma Schulze-Brakel Schaumstoffverarbeitungs GmbH gegründet. Schulze-Cleven ist gefragt in seiner Branche: Er entwickelte für die ARD Formen des neuen ARD-Designs und arbeitet auch mit Mikrofonherstellern eng zusammen. Ein Brakeler Produkt hat Weltruf.

Artikel vom 11.02.2006