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Der Druck auf den Ausbildungsmarkt wächst

Bewerber in der Kritik: »Das Niveau ist in den Keller gegangen« - Nach Alternativen suchen


Harsewinkel (jaf). Auf die Position Harsewinkels im Vergleich zu anderen OWL-Kommunen ging der IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden am Dienstagabend während des Wirtschaftforums im Gymnasium ein. Mit diesen Fakten ließ es sich dann ausgiebig über die wirtschaftliche Zukunft Harsewinkels, die eng mit der nachwachsenden Generation verknüpft ist, diskutieren - und zwar mit sieben Experten auf dem Podium.
Der Rektor des Gymnasiums, Albert Deittert, der Hauptschulleiter Hermann Hecker, Realschulleiter Wolfgang Hoerning, der Geschäftsführer GT-aktiv, Fred Kupzyk, Claas-Ausbildungsleiter Gerhard Meyer, Übergangscoach Christiane Michael und Bernd Wulfhorst von der Bielefelder Arbeitsagentur hatten viel beizusteuern.
»Die Bürokratie macht uns Unternehmern das Leben schwer«, ärgerte sich ein Firmeninhaber aus dem Zuschauerraum. Ihn konnte der IHK-Geschäftsführer beruhigen: »Es gibt das Projekt Bürokratieabbau OWL, das in den vergangenen Jahren 40 Ausnahme-Gesetze auf den Weg gebracht hat«.
Kritische Töne wurden von Unternehmer-Seite vor allem in Bezug auf die Bewerber laut: Viele würden nicht mehr die deutsche Sprache, die Rechtschreibung und die Grundrechenarten beherrschen (»Das Niveau ist in den Keller gegangen«). »Durch die Kooperation mit den Schulen scheint dies aber besser zu werden. Denn die Anforderungen, die wir an die Bewerber stellen, sind bekannt«, so Meyer. Claas hat derzeit 150 Auszubildende. »Im August kommen noch einmal 55 hinzu. Diese 55 Auszubildenden haben wir aus 1100 Bewerbungen ausgewählt«, sagte Gerhard Meyer, der großen Wert auf Fremdsprachenkenntnisse legt.
Bernd Wulfhorst unterstrich, dass durch das »junge Harsewinkel« auch die Zahl der Entlassschüler steigen würde: »Der Druck auf den Ausbildungsmarkt ist hier in Harsewinkel also immens hoch. Es gibt einen starken Wettbewerb um die Plätze«. In diesem Zusammenhang wies Christiane Michael noch einmal darauf hin, dass durch das Wirtschaftsforum noch einmal 23 Ausbildungsplätze akquiriert werden konnten. Trotzdem rief Wulfhorst alle Unternehmer auf: »Überprüfen Sie, ob Sie nicht doch noch eine weitere Ausbildungsstelle anbieten können«.
Der Appell an die Jugendlichen lautete: Neben dem Traumberuf auch Alternativen suchen. »Schließlich gibt es alleine 348 Berufe im Handwerk und in der Industrie«, so Hermann Hecker, der sich auch sicher ist, dass sich viele Schüler heute nicht mehr die Finger schmutzig machen wollen: »Ich kenne ein großes Bauunternehmen, dass 2005 noch 200 Bewerbungen auf dem Tisch hatte, 2006 jedoch noch keine einzige«. Ähnliche Erfahrungen machte auch Hans-Christoph Hornauer von den Hornauer Sozialdiensten: »Die Bewertung des Dienstleistungssektors kommt mir zu kurz. Im Bereich Altenpflegerinnen hatten wir 2005 noch 25 Bewerbungen und jetzt nur zwei«.

Artikel vom 10.02.2006