07.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Dialog zwischen Religionen

Dr. Wolfgang Otto referierte vor der CDU Ortsunion Nordstadt

Herford (wst). Mit dem Dialog zwischen Christen und Juden beschäftigten sich jetzt die Besucher des politischen Stammtisches der CDU Ortsunion Nordstadt, denen der Vorsitzende Jan Hendrik Hellemann mit Pfarrer Dr. Wolfgang Otto einen Referenten vorstellte, der sich schon viele Jahre für den Dialog zwischen den Religionen einsetzt.

Die christlichen Kirchen, so Dr. Otto, hätten Jahrhunderte lang den Dialog mit den Juden nicht gesucht. In Deutschland habe er erst in den 50-er Jahren begonnen, allerdings auf Vereinsebene durch die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Die Herforder Gesellschaft, der Dr. Otto seit 1976 vorsteht, gebe es seit 1964.
Dabei habe Jesus, so der Referent, noch als Jude gelebt und sei auch als Jude gestorben. Die Grenzen des Judentums habe erst Paulus überschritten, der das von Jesus geprägte Judentum in der Welt verbreiten wollte. Die Tendenz des Christentums, fremde Einflüsse aufzunehmen, entfremdeten es weiter vom Judentum. Und mit dem Beginn des 4. Jahrhunderts, als das Christentum Staatsreligion im Römischen Reich wurde, riss die Verbindung zum Judentum endgültig.
»Über Jahrhunderte gab es keinen christlich-jüdischen Dialog. Und im Zusammenhang mit den Kreuzzügen und mit Pest-Epedemien fanden in Mittel- und Osteuropa große Judenverfolgungen statt. Auch die Reformation folgte dem Erbe des Antijudaismus.« Erst mit der Aufklärung entspannte sich das Verhältnis zwischen Christen und Juden und es kam zu Dialogen zwischen einzelnen Personen, aber immer noch ohne Beteiligung der Kirchen.
Im 19. Jahrhundert sei dann im Zuge der Restauration der Antijudaismus wieder aufgekommen, der sich später in Verbindung mit der Rassenlehre der Biologie in den Antisemitismus verwandelt habe. Als deprimierend bezeichnete Dr. Otto das Verhalten der Kirchen im Dritten Reich. Sie hätten nicht erkannt, dass die verfolgten Juden ihre Nächsten waren und hätten sich nicht für sie eingesetzt. Nach dem Krieg seien es amerikanische Juden und Christen in der amerikanischen Besatzungszone gewesen, deren Miteinander zum Vorbild für die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit geworden sei. Die Kirchen hätten erst Jahre später den Dialog mit den Juden aufgenommen. Diesen Dialog habe entscheidend der aus Herford stammende evangelische Theologe Ernst Lohmeyer geprägt, der 1933 in einem Brief an den jüdischen Theologen Martin Buber schrieb: »Der christliche Glaube ist nur so lange christlich, wie er den jüdischen im Herzen trägt.«

Artikel vom 07.02.2006