07.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Schon wieder ein
Schatz entdeckt

Siegelstempel lag 550 Jahre lang in der Erde

Von Karl Pickhardt (Text und Foto)
Paderborn (WV). Ein grün verfärbtes Kupferplättchen im Erdboden des Paderborner Kötterhagen setzt nicht nur Archäologen in Verzückung. In einer Baugrube entdeckte Grabungsleiterin Dr. Andrea Bulla (47) neben einem Brunnen das mindestens 550 Jahre alte Privatsiegel von Bürgermeister Bodo Brinckmann, der zwischen 1412 und 1456 in der Spätgotik insgesamt 16 Mal zum Paderborner Bürgermeister gewählt wurde.

Das kleine Schmuckstück seines Amtsvorgängers im 15. Jahrhundert ist dem heutigen Bürgermeister Heinz Paus so wichtig, dass Gäste der Stadt Paderborn künftig mit einer Kopie des Stempels beschenkt werden. Groß wie eine Ein-Euro-Münze gilt der Fund als eine echte Rarität: Museumsleiter Dr. Matthias Wemhoff (Kaiserpfalz) zeigte gestern Paus das älteste Privatsiegel von Paderborn.
Drei Linden zieren als Familienwappen der Bürgermeister-Familie Brinckmann das Siegel, das offenbar in einem Lederbeutel mitgeführt wurde. Nach dem Siegel-Fund hat Wemhoff der Ehrgeiz gepackt: »Wir suchen jetzt auch noch ein Schriftstück mit dem Siegel von Bürgermeister Brinckmann«.
Grabungsleiterin Bulla hatte das verschmutzte Kupferplättchen erst für eine Münze gehalten. Erst nach gründlicher Säuberung konnte die Archäologin den Namenszug von Bürgermeister Brinckmann in gotischen Minuskeln lesen.
Brinckmann ist in der Paderborner Kommunalpolitik des 15. Jahrhunderts ein großer Name. Er lebte im Bürgermeister-Viertel und war viele Jahre lang Ratsherr und auch Bürgermeister. 1447 vertrat er die damals aufblühende Hansestadt als größte Hochstift-Stadt mit 4000 bis 5000 Bewohnern auf dem Hansetag in Lübeck. Brinckmann war zwei Mal verheiratet und hatte mit seiner zweiten Frau drei Kinder: Auch Sohn Konrad war zwischen 1458 und 1486 insgesamt 13 Jahre lang Bürgermeister. Die Bürgermeister wurden zu dieser Zeit jährlich gewählt.
Die Fundstelle des Siegels liegt in einem ehemaligen Steinbruch: Bis in 14 Meter Tiefe bauten Paderborner Bürger vor etwa 1000 Jahren am heutigen Kötterhagen Baumaterial für ihre Häuser ab. Noch im späten Mittelalter stiegen Bewohner bis zu sechs Meter tief in die Grube, um ihre Häuser zu erreichen.
Das Brinckmann-Siegel bereichert jetzt eine kleine Sonderausstellung über aktuelle Funde der Stadtarchäologie das Museum in der Kaiserpfalz. Originalgetreue Kopien von Goldschmied Gevriye Yanik sind nicht nur Gästen der Stadt Paderborn vorbehalten: Für 19,80 Euro sind die Bronze-Kopien im Museumsshop erhältlich.
Archäologen graben seit März 2005 im künftigen Baugelände der Volksbank Paderborn-Höxter. In den Schichten machen die Grabungshelfer immer wieder überraschende Funde - wie jetzt das Siegel.

Artikel vom 07.02.2006