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Die Heiligen sind unsere Freunde

Festgottesdienst zum 200-jährigen Jubiläum des Agatha-Lobetages

Borgentreich (auwi). Mit einem Festhochamt hat die St. Johannes-Baptist-Pfarrei Borgentreich am Samstagabend das 200-jährige Jubiläum des Agatha-Lobetages begangen. Damit wurde an das Gelübde erinnert, dass der Rat der Stadt Borgentreich nach der großen Feuersbrunst am 8. Juni 1806 Borgentreich abgegeben hatte. Damals war die Bördestadt durch einen plötzlich entflammten Großbrand fast völlig zerstört worden.
Mit einem Jubiläumsgottesdienst gedachte Borgentreich in der katholischen Kirche des 200. Jahrestages des Agatha-Gelöbnisses im Jahre 1806. Nach einem verheerenden Brand wurde der Schutzheiligen bei Feuergefahr ein jährliches Gedenken gelobt. Vor der heiligen Agatha stehen hier am Altar von St. Johannes-Baptist (v.l.) Pfarrer Raffaele De Blasi, Bürgermeister Bernhard Temme, Pfarrer Werner Lütkefend, Ortsvorsteher Bernhard Kösters und Diakon Alfons Ebbers. Auf dem Bild fehlt der mitzelebrierende Vikar Raphael Schliebs, der zur Vorabendmesse nach Lütgeneder musste. Foto: Wilhelms

Pfarrer Werner Lütkefend erinnerte an die Katastrophe, aber auch an das Versprechen, dass damals der Rat der Stadt gegeben hat, nämlich den Tag der heiligen Agatha (5. Februar) als einen Gebets- und Lobetag zu halten. In diesem Zusammenhang bedankte sich Lütkefend ausdrücklich für das gute Verhältnis, das zwischen der politischen Gemeinde und der Kirchengemeinde bestehe.
Als Vertreter der Stadt wohnten die örtlichen Ratsherren mit dem Ortsvorsteher Bernhard Kösters und Bürgermeister Bernhard Temme dem Festhochamt bei. In seinem Grußwort berichtete Temme, dass damals 217 Häuser und damit fast die ganze Stadt durch das Feuer zerstört worden war. Deshalb habe der Rat der Stadt seinerzeit gelobt, zu Ehren der heiligen Agatha, der Schutzheiligen bei Feuersgefahr, zu feiern und zu fasten. Die Fortsetzung dieses alljährlichen Lobetages sieht Bürgermeister Bernhard Temme als eine Hoffnung für die Zukunft an.
Als Festprediger und Hauptzelebrant war Pfarrer Raffaele De Blasi aus Aletshausen/Augsburg zu Gast. Gut informiert war De Blasi, der bereits öfter in Borgentreich weilte, über den Hergang vor 200 Jahren.
Stadtchronist Clemens Brilon hatte das Ereignis festgehalten: Von einem einzigen Haus an der Ecke Steinweg/Speckestrasse ging damals das Unglück aus und ergriff in Windeseile nahezu sämtliche Gebäude der Stadt. Niemand hatte mit der Katastrophe gerechnet »Plötzlich und ohne jede Vorwarnung stand die Stadt in Flammen«, gab Pfarrer De Blasi das Geschehen am 8. Juni 1806 wieder. »Jeder griff nach dem Seinigen. Keiner half dem anderen«, steht es in der Chronik niedergeschrieben.
In ihrer Not wandten sich die Borgentreicher an die heilige Agatha, die wohl schon lange vorher in Borgentreich verehrt wurde. Eine Statue der Heiligen wurde in den Straßen der brennenden Stadt herumgetragen, und die Menschen flehten inständig um Rettung zum Himmel. Daraufhin endete der Brand, wie es die Chronik überliefert.
Der Rat der Stadt Borgentreich hatte in der Angst und Not jener Tage das Gelübde abgelegt, zur Abwendung aller Feuersbrünste das Fest der heiligen Agatha alljährlich zu begehen, Almosen zu geben und zu fasten.
Dieser Tag habe auch heute noch seine Berechtigung, ist sich Pfarrer De Blasi sicher. »Wer heute fastet, weiß was wirklich wichtig ist. Wer Almosen gibt, sieht die Not des Nächsten und denkt nicht nur an sich. Wir sind armselige und auf Gott angewiesene Wesen, ob wir es wollen oder nicht. Kein Mensch kann für sich allein leben, wir brauchen einander. Glücklich kann sein, wer Freunde hat, doch diese sind oft mit eigenen Sorgen belastet, wie damals bei dem Feuer. Auch im Himmel gibt es Freunde, die Heiligen. Sie sind immer für uns da. Die heilige Agatha hat die Not der Menschen in Borgentreich gesehen«, machte Pfarrer Raffaele De Blasi in seiner Festpredigt Mut. Die heilige Jungfrau und Märtyrerin Agatha starb um 250 in Catania/Sizilien. An ihrem ersten Todestag wurde Catania vom Lavastrom des Ätna bedroht. Mit einem weißen Seidenschleier, der das Antlitz der Toten bedeckt hatte, zogen die Bewohner Catanias dem Lavastrom entgegen, und das Wunder geschah: Der Strom glühender Lava wurde abgelenkt und Catania gerettet, berichtet die Geschichte über das Wirken der heiligen Agatha, die seither als Schutzpatronin bei Feuersgefahr verehrt wird.

Artikel vom 06.02.2006