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Europa und die USA
zeigen neue Einigkeit

Merkel kritisiert Iran scharf wegen des Atomstreits

München (dpa). Im Angesicht der Krise um Irans Atompolitik haben Spitzenpolitiker aus den USA und Europa neue Einigkeit demonstriert. Bei der 42. internationalen Sicherheitskonferenz in München unterstrich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bedeutung guter transatlantischer Beziehungen mit Washington.
Mit Ausnahme Frankreichs stimmten Vertreter der NATO-Staaten der Ankündigung von Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zu, das Bündnis werde künftig rund um den Globus neue Partnerschaften auch mit Staaten des pazifischen Raumes vereinbaren.
»Wir brauchen ein Erstarken der transatlantischen Partnerschaft«, sagte Merkel bei ihrem ersten Auftritt als Kanzlerin vor 300 Sicherheitspolitikern aus aller Welt. Erst wenn es in der NATO keine Einigung über wichtige politische Fragen gegeben habe, sollten die Mitgliedstaaten eigene Entscheidungen treffen. »Es muss eine gewünschte politische Reihenfolge geben - und die muss in der NATO beginnen. Und das muss systematisiert werden.« Sie schlug vor, bis 2008 oder 2009 die strategischen Grundlagen der NATO zu überprüfen.
Auch US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sprach sich für engere Beziehungen zu anderen »gleichgesinnten Staaten« außerhalb Europas wie Australien, Neuseeland, Südkorea oder Japan aus. »Die alte NATO, die nur den Bereich des Bündnisses verteidigt, ist die NATO der Vergangenheit.« De Hoop Scheffer bekräftigte das Interesse der NATO an »engst möglichen« Beziehungen zu Ländern, die bei der Verteidigung gemeinsamer Werte helfen könnten. Aber: »Die NATO ist kein Weltpolizist.«
Merkel, Rumsfeld und Russlands Verteidigungsminister Sergej Iwanow forderten Iran auf, weiterhin mit der internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zusammenzuarbeiten. Das iranische Atomprogramm wecke die »berechtigte Befürchtung«, dass es hier nicht um die friedliche Nutzung der Kernenergie, sondern auch um militärische Optionen gehe, sagte Merkel. »Wir wollen und müssen die Entwicklung iranischer Nuklearwaffen verhindern.«
Drohungen von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad gegen Israel seien inakzeptabel. Merkel hatte bei einem direkten Schlagabtausch mit dem iranischen Vize-Außenminister Abbas Araghchi, unter anderem kritisiert, dass dieser sich nicht von Ahmadinedschads Äußerungen distanziert hatte.
Iwanow sagte, Russland wolle die Atomfrage so lange wie möglich in Händen der IAEO lassen. »So lange deren Beobachter im Iran sind, bekommen wir zumindestens ein gewisses Bild von dem, was sich dort abspielt.« Er forderte Iran auf, über das russische Angebot, Irans Uran aufzubereiten, zu verhandeln: »Der Vorschlag bleibt auf dem Tisch.« Von Sanktionen halte er nichts.
»Die Lösung des Konflikts mit dem Iran ist die zentrale Aufgabe der nächsten Zeit, wenn wir nicht in ein atomares Wettrüsten im Nahen und Mittleren Osten eintreten wollen«, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Rumsfeld bezeichnete die iranische Regierung als »führenden Förderer von Terrorismus«. »Die Welt will keinen nuklearen Iran und muss zusammenarbeiten, um das zu verhindern.« Der republikanische US-Senator John McCain sagte, die Option eines Militärschlages gegen Iran müsse erhalten bleiben.
Meinungsunterschiede gab es zwischen Deutschland und den USA über die Haltung zu Russland. Steinmeier bezeichnete Russland im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und wegen seiner Rolle in der Energiewirtschaft als unverzichtbaren Partner.

Artikel vom 06.02.2006