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Von Manfred Stienecke

Paderborner
Perspektiven

Etwas mehr Kontinuität, bitte!


Seit Donnerstag dieser Woche ist das Paderborner Dezernenten-Quartett wieder komplett. Als »Karo-Bube« will der 33-jährige Jurist Carsten Venherm mit dafür sorgen, dass Bürgermeister Heinz Paus demnächst jeden »Stich« macht. Der für den schon vor geraumer Zeit »abservierten« Thomas Adloff in die Dezernentenriege gerückte Gütersloher weiß, worauf er sich in der Nachbarstadt einlässt. Immerhin hat er als juristischer Berater der »Kommunalpolitischen Vereinigung« in Recklinghausen zuletzt tagtäglich mit kommunalen Streitfragen zu tun gehabt. Diese Erfahrungen könnten nützlich werden.
Zuständig ist der bodenständige Ostwestfale im Paderborner Stadthaus für die klassischen Verwaltungsämter mit besonderer juristischer »Erdung«: das Rechtamt, das Ordnungsamt sowie Einwohner- und Standesamt. Dazu »erbt« er allerdings noch den Großteil des bisherigen Kulturdezernats des Beigeordneten Wolfgang Walter. Der nämlich hat die Verantwortung für das Kulturamt, die Städtische Musikschule, das Stadtarchiv und die Kulturwerkstatt an den neuen vierten Beigeordneten abgegeben.
Walter, der als Sozial-, Kultur-, Schul- und Sportdezernent bislang auf besonders vielen »Baustellen« den Polier geben durfte, wird nun zumindest um das komplizierte »Loch« am Kötterhagen entlastet, an dem bekanntlich der Theaterneubau ins Stocken geraten ist. Ihm die städtische Verantwortung für die »Canossa«-Schau zu belassen, macht sicher Sinn. Auch Heinrich IV. hat vermutlich bei seinem Ritt über die Alpen kurz vor dem Ziel nicht mehr die Pferde gewechselt.
Überraschenderweise aber bleibt Walter nach dem neuen Dezernatsverteilungsplan auch weiterhin Chef der Stadtbibliothek und der Volkshochschule - zwei Einrichtungen, die immer vom Kulturdezernenten betreut worden sind. Begründet wird dies mit der Nähe beider Häuser zum Schulbereich, wobei das Bildungs-Argument bei der Volkshochschule sicher überzeugt. Ob die Stadtbibliothek mit dem Zuständigkeits-Wechsel glücklich wird, bleibt abzuwarten. Gerade sie hat vor allem kulturelle Aufgaben und wird sich künftig wohl nicht mehr so einfach mit ihren Kulturpartnern in der Stadtverwaltung kurzschließen können. Das nächste Gefecht beispielsweise um die »Artothek«, den Kunstverleih der Stadtbücherei, wird mit anderen Säbeln ausgefochten werden müssen.
Die Aufteilung klassischer Kulturressorts auf zwei Dezernenten erschiene weniger problematisch, wenn die Kultur in Paderborn insgesamt auf eine größere Kontinuität zurückblicken könnte. Doch der »weiche« Standortfaktor der Theater- und Museumsarbeit, der Musikpflege und der freien Kulturarbeit in Vereinen und Initiativen musste sich immer wieder an eine neue »Handschrift« gewöhnen. In den letzten gut 20 Jahren hat es wohl keinen kommunalen Arbeitsbereich in der Paderstadt gegeben, der einem so häufigen Wechsel in der Dezernentenverantwortung unterzogen war wie eben die Kultur.
Seit Hans Behringer 1984 das Ressort von Franz-Josef Winter übernahm, gab es keinen Dezernenten mehr, der über die volle Wahlperiode hinweg das zarte Pflänzchen Kultur gepflegt hätte. Zwei Jahre später kam Annette Hagemann, die wiederum 1989 von Dr. Ullrich Westerhagen abgelöst wurde. Dessen kurzes Gastspiel mündete in die etwas längere Amtszeit von Dr. Johannes Slawig. Seit seinem Abschied 1997 kam das Dezernenten-Karussell erneut in Schwung. In nur kurzer Zeit schwangen sich mit Dr. Thomas Adloff, Josef Rensing und zuletzt Wolfgang Walter drei ganz unterschiedliche Charaktere in den Dezernentensessel.
Die Liste der Kulturdezernenten in diesem Zeitabschnitt ist so lang wie unübersichtlich, weil zudem immer wieder Vakanzen überbrückt werden mussten. Ohne die Riege der fleißigen und sturmerprobten Amtsleiter - und in jüngerer Zeit auch Amtsleiterinnen - in den verschiedenen Bereichen hätte die Kultur in Paderborn nicht so gut gedeihen können. Trotzdem ist ihr zu gönnen, dass mit Carsten Venherm nun wieder ein wenig mehr Kontinuität ins Haus kommt. Und wer weiß: Vielleicht ist die Kultur diesmal bei einem Juristen sogar besonders gut aufgehoben? Wünschen möchte man es beiden.

Artikel vom 04.02.2006