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Mit Skalpell Finanzamt gestürmt

Überwältigter Handwerker macht Behörde für Bankrott verantwortlich

Von Karl Pickhardt
und Stefanie Rose
Paderborn (WV). Verhinderter Amoklauf im Paderborner Finanzamt: Ein wütender Handwerker stürmte gestern Morgen mit einem Skalpell in die »Steuer-Burg« in der Bahnhofstraße. Der 43-jährige Delbrücker wollte seiner Steuersachbearbeiterin mit dem Messer zu Leibe rücken. Nach einer Verfolgungsjagd bis ins oberste Geschoss überwältigte die Polizei den Mann, der sich selbst Schnittverletzungen zugefügt hatte.

Seit Wochen lag der Delbrücker mit der 33-jährigen Sachbearbeiterin im heftigen Streit über seine Steuererklärung. Immer wieder, so Polizei-Sprecher Ulrich Krawinkel, hatte der verheiratete Mann die Finanzamt-Mitarbeiterin am Telefon beschimpft. Gestern Vormittag muss dem Steuerzahler der Kragen geplatzt sein. Er beschimpfte erneut die Frau und drohte, dass »er ihr gleich etwas antun werde«. Außerdem kündigte er seinen geplanten Überfall (»Ich bin bankrott, und das Finanzamt ist schuld. Jetzt marschiere ich mit einem Skalpell dort rein«) telefonisch bei einem Radiosender an, der die Polizei alarmierte.
Die bedrohte Frau wandte sich in großer Sorge an ihren Vorgesetzten und erstattete bei der Polizei Anzeige gegen ihren »Kunden«. Der hatte sich inzwischen mit einem Skalpell bewaffnet und war ins Finanzamt eingedrungen. In der dritten Etage lieferte sich der Delbrücker mit dem Messer in der Hand heftige Wortgefechte mit mehreren Steuerbeamten auf dem Flur.
Inzwischen waren Einsatzkräfte der Paderborner Polizei, Notarzt und Rettungssanitäter angerückt, um das Finanzamt vor dem Angreifer zu schützen. Doch der Wüterich befand sich längst im Gebäude.
Ein Sicherheitsberater des Finanzamts und ein Polizist forderten den Eindringling auf, das Skalpell wegzuwerfen. Der 43-Jährige flüchtete mit seiner Waffe in den vierten Stock und fügte sich selbst einen Messerstich in den rechten Arm zu.
In der sechsten Etage drang der Verfolgte in einen Konferenzraumein, in dem mehr als 40 Mitarbeiter aus ostwestfälisch-lippischen Finanzämtern zur Weiterbildung tagten. Hektische Szenen: Die Polizei forderte die Konferenzteilnehmer auf, sofort den Saal zu verlassen. Unter Einsatz von Pfefferspray gelang es den Beamten, den Amokläufer zu entwaffnen und festzunehmen. Zuvor hatte sich der Delbrücker weitere Stiche zugefügt.
Der erboste Handwerker war vor seinem gestrigen Amoklauf polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten.

Artikel vom 03.02.2006