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»Denn ein jeder Mensch ist Gottes Geschöpf«

Mit Sigrid Pfäfflin kamen Ravensberger Schwestern in das Brackweder Erzählcafé

Brackwede (ptr). »Wenn ich heute auf mein Leben zurückschaue, würde ich es unter das Motto ÝDie Menschenfreundlichkeit Gottes (er-)lebenÜ stellen«, sagt Sigrid Pfäfflin. Die Leiterin der Sarepta-Schwesternschaft in Bethel berichtete im Erzählcafé über die Stationen ihres Werdeganges.

Vor voller Kulisse: Unter anderem hatte die Ravensberger Schwestern ihr Treffen kurzerhand in die Räumlichkeiten der evangelischen Bartholomäus-Gemeinde verlegt.
Aufgewachsen im Oberbergischen Land, wurde die heute 53-Jährige von klein auf durch ein christliches Elternhaus geprägt. Der Vater war Presbyter, engagierte sich auch im CVJM. »Neben der Verwandtschaft gab es für mich deshalb immer auch die Gemeinde als Familie«, erzählt Pfäfflin.
Zwei Verhaltensregeln seien in ihrer Kindheit maßgeblich gewesen. Erstens: »Nicht leiden mögen gibt es nicht.« Ihr Vater habe stets darauf geachtet, »dass ich hinterfrage, warum ein Mensch so ist, wie er ist, und niemanden von vornherein ablehne. Denn jeder Mensch ist Gottes Geschöpf.« Zweitens sei in ihrer Familie viel Wert auf Ehrlichkeit gelegt worden. Einmal habe sie gegen das Verbot der Eltern den Zirkus im Dorf besucht. Die anschließende Lüge auf die Frage: »Wo bist du gewesen?«, sei natürlich aufgeflogen, woraufhin sie ohne Essen ins Bett musste. Die raue Erziehung der 50er Jahre.
Nach der mittleren Reife stand Pfäfflins Berufswunsch schnell fest: Krankenschwester wollte die damals 17-Jährige werden. Die Frage war nur, wo? Eine Bewerbung ging unter anderem auch nach Kaiserswerth nahe Düsseldorf, das Antwortschreiben aus Sarepta gab jedoch schließlich den Ausschlag: »Das klang so warmherzig, so viel versprechend, ganz als ob man dort nur auf mich gewartet hätte.« Weiterer Vorteil des Ortswechsels nach Bielefeld: »Damals musste man während der Ausbildung noch im Schwesternheim wohnen, und ich habe mir gedacht, wenn ich schon zu Hause ausziehe, dann richtig.«
Treu blieb sie Bethel nach dem Ende ihrer Lehrzeit zunächst nicht, wechselte an ein katholisches Krankenhaus in Wuppertal, arbeitete dort gemeinsam mit den Nonnen. Erst 1977 kehrte sie nach Bethel zurück, um dort die Leitung einer Station im Haus Emmaus zu übernehmen. Eine entscheidende Wendung in ihrem Leben, denn gleichzeitig musste sie auch für sich die Frage entscheiden: »Will ich wirklich eine Ravensberger Schwester sein, oder nicht?«
Bereut hat sie ihren Entschluss pro Bethel nicht. 1980 lernte sie im Haus Emmaus ihren Mann Albrecht kennen, mit dem sie drei Kinder hat. »Schwesternschaft war bis in die 70er Jahre noch ein Ersatz für Familie und Ehe, das hatte sich damals glücklicherweise schon geändert. Trotzdem haben viele geglaubt, dass ich nach dem dritten Kind aufhöre zu arbeiten.«
Sie tat es nicht. Ganz im Gegenteil. 1992 wurde sie stellvertretende Leiterin der Schwesternschaft - 2000 rückte sie schließlich ganz an die Spitze, die sie auch nach der Fusion von »Ravensberger Schwesternschaft« und und »Sarepta-Diakonissenschaft« 2004 beibehielt. Heute stehen 130 Schwestern im aktiven Dienst. Die Gemeinschaft gestaltet Gottesdienste und Andachten, initiiert Gespräche und Seminarreihen und bietet Raum für Glaubensfragen, theologisch-diakonische Fortbildung und seelsorgerische Angebote.
Rückblickend sei dies alles nur durch ein gut funktionierendes Familienmanagement im Hause Pfäfflin möglich gewesen. »Ich weiß bis heute nicht, wie die Waschmaschine funktioniert. Darum kümmert sich mein Mann.«

Artikel vom 04.02.2006