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Fitzebohnen schmecken immer

Demographischer Wandel der Gesellschaft Thema beim Traditionsabend

Von Erwin Eisfeld
Gehlenbeck (WB). Alljährlich, wenn es draußen stürmt und schneit, wird in Gehlenbeck gemütlich beisammengesessen und gut gespeist. So auch am Mittwochabend wieder, als der rührige Fitzebohnenverein zu seinem 19. Gute-Laune-Abend ins Gasthaus Blase eingeladen hatte.

Und, wie in jedem Jahr, gibt es nicht nur Deftiges in den Teller (die schmackhaften Fitzebohnen), auch die Geselligkeit kommt an diesem Abend nicht zu kurz. Dazu tragen kompetente Referenten aus der heimischen Wirtschaft bei - und Alt-Superintendent Paul-Gerhard Tegeler, der stets Interessantes aus der Dorfgeschichte mit launigen Worten zum Besten gibt.
In diesem Jahr wurde der Fitzebohnenabend von der GBSL gesponsert - denn auch ein Traditionsabend benötigt finanziellen Beistand. Bevor jedoch der mit Spannung erwartete Professor aus Bochum Wissenswertes aus der Welt der Zahlen - adaptiert auf unsere Gesellschaft - vortrug, begrüßte erst einmal Arthur Plate als neuer 1. Vorsitzender des Fitzebohnenvereins die illustre Gästeschar. So traf man alte Bekannte wie Justizminister a.D. Rolf Krumsiek, den früheren Landrat Heinrich Borcherding oder Ex- Stadtdirektor Hans-Wilhelm Stodollick wieder. Aber auch die heimische Prominenz schillerte in allen Facetten - vom Wirtschaftskapitän über die vielen Bürgermeister bis zum Superintendenten. Arthur Plate ehrte mit einer Gedenkminute die verstorbenen Gründungsmitglieder Günter Döding und Heinz Tiemeyer. Und Paul-Gerhard Tegeler erwies sich einmal mehr als kompetenter Kenner der heimischen Historie. Der frühere Superintendent schilderte in seinem Vortrag die Entstehungsgeschichte der Lübbecker Siedlungsgenossenschaft. Wer wusste schon, dass 1956 die durchschnittliche Wohnungsgröße 58,5 qm betrug?
Den Ist-Zustand des »modernen und innovativen Dienstleistungsunternehmens in der Immobilienbranche« stellte GBSL-Geschäftsführer Achim Grube vor. Er skizzierte ein Bild von der Leistungsfähigkeit seiner Genossenschaft, die den Altkreis Lübbecke im wahrsten Sinne des Wortes mit aufgebaut hat. Anhand von Objektbildern gab er einen Überblick über den Tätigkeitsbereich der Genossenschaft. Als neuestes Projekt stellte er den Wohnpark an der Niedertorstraße vor. Sechs Millionen Euro würden dort in die Errichtung von 40 barrierefreien Komfortwohnungen investiert. Mit Blick auf Wohnungsbau und -vermietung der Zukunft hat die GBSL einen extremen Anstieg bei der Nachfrage nach Kleinwohnungen ausgemacht - »eine Folge von Hartz IV«, so Grube.
Highlight des Abends, natürlich neben dem köstlichen westfälischen Eintopf, war der »Auftritt« von Prof. Dr. Volker Eichener, seines Zeichens wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalplanung aus Bochum. Brillant seine Rhetorik, durchaus nachvollziehbar, wie er analysierte und Lösungsmöglichkeiten offerierte. Natürlich musste man mit dem Professor nicht in allen Punkten einer Meinung sein, wenngleich er schon sehr überzeugend argumentierte. In das Zentrum seiner Ausführungen rückte er den demographischen Wandel und seine Auswirkungen auf Stadtstrukturen und Lebenswelten. Kern seiner Ausführungen: die Bevölkerung Deutschlands schrumpft (»wir werden älter und grauer«). Das habe Konsequenzen auf viele Lebensbereiche, nicht nur auf die Arbeitswelt und Rentenversicherung, auch auf den Wohnungsbau. Die hinzukommende Polarisierung der Lebensformen (»Arbeiterklasse, Mittelschicht und Oberklasse gibt's längst nicht mehr«) erledige ein übriges. Auswirkungen habe diese Spaltung der Gesellschaft auch auf den Wohnungsmarkt. Gebaut werde immer noch für junge Familien (»heute die Minderheit«), die Zahl der Ein-Personen-Haushalte steigt jedoch dramatisch (»der Bund fürs Lebens ist ein Auslaufmodell«) und die Senioren seien auf dem Vormarsch. Des Professors Fazit: die Zeiten haben sich geändert, aus dem demographischen Wandel ist die Konsequenz zu ziehen um Chancen zu nutzen und Risiken zu vermeiden.

Artikel vom 03.02.2006