01.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Aus Briefen an die Redaktion


Baumschutz
gestrichen
Verständnis für Eigentümer des Mammutbaumes am Langen Acker äußert der Schreiber des folgenden Leserbriefes. Autor Dieter Weyer, früher selbst Mitglied des Stadtrates, sieht aber auch Versäumnisse von Politik und Stadtverwaltung.
Der Haller Mammutbaum wächst sich allmählich zu einer unendlichen Geschichte aus. Wenn ich mich richtig erinnere, hat sich das Ganze wie folgt entwickelt:
Vor etwa 30 Jahren - ich war Mitglied des Stadtrates - fragte die Behörde, ob es in Halle keine besonders schützenswerten Bäume gebe. Ich habe damals angeregt, unter anderem den Mammutbaum zu benennen, und der damalige Besitzer sagte mir, dass er damit einverstanden sei. Also wurde der Baum unter Schutz gestellt. Wir sollten aber nicht zu viele Bäume benennen, erklärte mir der zuständige Beamte der Stadt, denn mit der Unterschutzstellung übernehme die Stadt auch die Haftung für mögliche Schäden.
Später verabschiedete der Stadtrat eine sehr eng gefasste Baumschutzsatzung für alle Bäume und hob gleichzeitig den besonderen Schutz der vorher geschützten Bäume auf; damit entledigte sich die Stadt der Haftung für mögliche Schäden, die durch diese Bäume entstehen könnten.
Der jetzige Stadtrat hat nun die von vielen ungeliebte Baumschutzsatzung abgeschafft, ohne sich um die zuvor geschützten Bäume zu kümmem. Jetzt haften die Eigentümer ganz privat für alles, was passieren kann. Der Mammutbaum, laut Zeitungsbericht ein Flachwurzler, steht mitten im Wohngebiet. Wenn er bei einem Sturm umstürzt - wie in Norddeutschland geschehen - oder wenn ein schwerer Ast herunterbricht, wie vor kurzem, dann haften die jetzigen Eigentümer bis an ihr Lebensende. Solch ein Koloss kann schließlich an Menschen und Häusern großen Schaden anrichten.
Ich gehe davon aus, dass die jetzigen Eigentümer des Baumes zufrieden gewesen wären, wenn die Stadt oder ein Verein ihnen Pflege und vor allem die Haftung für den Baum abgenommen hätte. So weit ich weiß, war dazu aber niemand bereit, auch die Stadt nicht. Nur die Dachrinne von den Nadeln zu säubern, das ist keine Lösung. Und den Baum und die Hälfte des Grundstücks zu verkaufen und damit das Haus erheblich zu entwerten, das würde wohl kaum ein Hausbesitzer akzeptieren und kann man auch den jetzigen Eigentümern nicht zumuten. Schließlich steht auch dort ihr Gewächshaus.

DIETER WEYERLanger Acker 733790 Halle

Artikel vom 01.02.2006