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Über Herrn Holm lacht auch die Polizei

Komiker Dirk Bielefeldt zu Gast beim Stemweder Kulturring - Publikum begeistert

Von Matthias Lippold
Wehdem (WB). Nach nur zehn Minuten waren die 350 Zuschauer in der Begegnungsstätte Wehdem schon bester Laune, obwohl auf der Bühne allerhand Unruhe herrschte. Grund dafür war ein chaotischer Polizist: »Herr Holm« alias Dirk Bielefeldt, bestens bekannt aus dem Fernsehen.

Sieht so eine Autoritätsperson aus? Herr Holm ist schon irgendwie eine komische Erscheinung; schlacksig steht er da mit gebeugten Knien, die Kleidung viel zu weit, und die halsbrecherische Körpersprache sowie seine norddeutsch-näselnde Aussprache tragen nicht zur gesteigerten Seriösität bei.
Doch der erste Eindruck täuschte. In den ersten Minuten zückte Herr Holm dienstbeflissen sein Notizbuch und begann, sich »einen kleinen Überblick« über das Publikum zu verschaffen. Schließlich sei für ihn »jeder Mensch ein potenzieller Verbrecher«. Im anschließenden persönlichen Verhör reichte es nicht mehr, einfache Additionsaufgaben zu rechnen. Wer da nicht mit dem dritten KepplerÕschen Gesetz glänzen konnte, wurde mit strengem Blick durch die Hornbrille getadelt: »Ich notier mir das mal. Aus Haldem, sagen Sie? Muss man das kennen? Verstehe, jeder kennt es, aber niemand will dort hin«.
Das Publikum konnte sich schon nach wenigen Minuten vor Lachen kaum halten, doch es hatte noch über eine Stunde vor sich. Nachdem der schrullige »Gesetzeshüter« einige Zuschauer als Teilnehmer eines Resozialisationsprogramms geoutet hatte) »Wenn Sie ihn auf der Straße sehen, kein Anlass zur Sorge, meistens passiert nichts«), durfte das Publikum auf einer modernen Wache hospitieren.
Doch mit den Modernisierungsmaßnahmen hatte der tolpatschige Holm noch zu kämpfen; der mit einer Handkurbel betriebene Computer funktionierte noch nicht so, wie er sollte, und die weiteren Änderungen im Polizeiwesen hatten es auch in sich. So durfte man sich nicht wundern, als der Polizist unvermittelt zu schottischer Folklore zu tanzen begann. »Im Rahmen des europäischen Harmonisierungsprozess tanzen wir aus Solidarität zu unserer schottischen Partnerwache bei der Wachablösung mit«, argumentierte Holm einleuchtend. Der moderne Polizeialltag war hingegen stressig: Wenn der skurile Polizist gerade mal nicht peinlich penibel seine Mütze zurechtrückte, überlegte, ob er mit rechts oder links telefonieren sollte, musste er zahlreiche Anrufe beantworten. Zur Ehrlichkeit Holms gehörte hierbei das Eingeständnis, dass auch mal die Hände eines so fähigen Polizisten gebunden sein können: »Sie hängen an ihrem Balkon? Ihr Problem, guter Mann, ist die Schwerkraft, da kann ich auch nichts machen«. Der Polizist, dein Freund und Helfer. Doch manch einer wird sich sicher überlegen, ob er sich von Wachmeister Holm helfen lässt, wenn dieser bei einem Auto, bei dem das Licht brennt, sich nicht anders zu helfen weiß, als es kurzerhand abzufackeln.
Mit seiner Mischung aus Blödelei, Slapstick-Akrobatik und scharf pointiertem Witz wusste Herr Holm in unachahmlicher Manier mit provozierten Lachsalven die innere Ordnung zu gefährden. So war für den Polizisten der Spass vorbei, als er mit einer von ihm ins Publikum geworfenen Ziegelstein-Attrappe »zurückbeworfen« wurde. »Ich glaube, jetzt haben wir ein Problem, das kam aus Ihrer Mitte«. Um die Situation eskalieren zu lassen zündete Holm auf der Bühne schließlich eine Bombe und zeigte, dass die staatliche Gewalt am längeren Hebel sitzt. Bei solchen Maßnahmen erstaunt es eigentlich nicht, dass er über Radio Stauempfehlungen gibt - statt Umgehungen. Er ist schon ein chaotischer Polizist, der Herr Holm, der das Leben zwar nicht sicherer, dafür aber lustiger macht.

Artikel vom 01.02.2006