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108 Kündigungen trotz Jobgarantie bei HDO

Betroffene sind sauer auf Gewerkschaft und Betriebsrat - Prozess um die Entlassungswelle

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). 108 Mitarbeiter der Paderborner HDO Druckguß und Oberflächentechnik GmbH sind auf die Gewerkschaft und ihren Betriebsrat nicht gut zu sprechen. Sie verlieren ihren Arbeitsplatz, obwohl sie auf durchschnittlich 1800 Euro verzichteten und eigentlich eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2008 hatten.

Am 28. Dezember 2005 bekamen sie die Kündigung. Wenige Tage vorher hatten IG Metall und Betriebsrat mit Geschäftsführer Werner Beneken einen Ergänzungstarifvertrag vereinbart: 108 Leute müssen gehen, damit 250 andere ihren Job behalten.
Vor dem Arbeitsgericht werden zurzeit etwa 30 Klagen von betroffenen Arbeitnehmern verhandelt. »Es ist höchst zweifelhaft, ob eine Beschäftigungsgarantie rückwirkend überhaupt aufgehoben werden kann«, stellte der Paderborner Arbeitsrechtsexperte Prof. Dr. Friedrich W. Meyer - er vertritt fünf Mandanten - die Rechtmäßigkeit der betriebsbedingten Entlassungen und der von Betriebsrat und Geschäftsleitung aufgestellten Namensliste in Frage.
Nach dem Abbau von etwa 100 HDO-Arbeitsplätzen in den Jahren 2004 und 2005 hatte die IG Metall am 21. Mai 2005 den Beschäftigungstarifvertrag mit Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld und der Beschäftigungssicherung als Gegenleistung mit dem Arbeitgeber vereinbart. Wenige Monate später war das Papier nur noch Makulatur. Der Großkunde Grohe ließ nicht mehr bei Europas größter Galvanik in Paderborn, sondern im billigeren China fertigen - HDO drohte die Pleite.
»Wir hatten keine andere Wahl und mussten neu verhandeln«, werben IG Metall-Bevollmächtigter Volker Kotnig und Betriebsratsvorsitzender Josef Voß um Verständnis. Die unabhängige Unternehmensberatung Isa Consult, Bochum, habe neben Umstrukturierungen die Notwendigkeit eines Stellenabbaus bestätigt. »Auch wenn die Verluste schmerzlich sind, müssen wir den Betrieb sichern und die Mehrheit der Arbeitsplätze erhalten«, sagt Voß. Ursprünglich seien sogar 170 Entlassungen geplant gewesen. 250 Mitarbeiter sollen es Ende dieses Jahres bei HDO noch sein. Sie haben weiterhin eine Beschäftigungsgarantie bis zum 31. Dezember 2008. Sollte sich die Auftragslage weiter verschlechtern, kann die Geschäftsführung Kurzarbeit ohne Lohnausgleich beantragen.
Kotnig verteidigt auch den mit einem Volumen von 1,1 Millionen Euro eher bescheidenen Sozialplan: »Dabei mussten wir uns ebenfalls an der Leistungsstärke des Unternehmens orientieren«. Kommentar von Rechtsanwalt Meyer: »Interessant, was die IG Metall, die immer Hardliner war, alles mit sich machen lässt«.
Über die Rechtmäßigkeit der Kündigungswelle muss das Gericht entscheiden. In Güteterminen wurde keine Einigung erzielt.
Auch in den Werken in Tschechien und der Slowakei streicht HDO ein Drittel der insgesamt knapp 600 Stellen.

Artikel vom 01.02.2006