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Joshua kämpfte mit dem Mikrofon

Überforderte Verstärkeranlage trübte eine rasante Gospel-Show


Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Sie brauchten kaum eine Viertelstunde, um das am Sonntag Abend aus der eisigen Januarkälte in die Pfarrkirche »Maria zur Höhe« in Paderborn geströmte Publikum aufzutauen: Die zwölf farbigen Sänger, die dem Namen ihres Ensembles zufolge »Das Allerbeste aus der schwarzen Gospelmusik« im Gepäck hatten, sorgten schon nach dem Eröffnungslied bei ihren Zuhörern für rhythmisches Mitklatschen, für kreisende Armbewegungen und gelegentliches Mitsingen der Refrains.
In einheitliche himmelblaue Gewänder gehüllt tanzten die fünf Sänger, vier Sängerinnen und drei Musiker an zwei Keyboards und Schlagzeug so unbefangen zwischen Altar und Kanzel des modernen Kirchenbaus, dass sogar Pfarrer Reinhard Rohwetter nur schmunzelnd zuschauen konnte. Zwar moderierte der Frontmann fast ausschließlich in Englisch durch das rasante Kirchenpop-Programm, doch die unbekümmert-sympathische Art des Ensembles kam an.
Die musikalische Umsetzung allerdings war nichts für Puristen. Obwohl der Chor bei einer Gesangsnummer unter Beweis stellte, dass man den Saal auch ohne elektronische Verstärkung akustisch zu füllen verstand, trübte die völlig überforderte Technik während des zweistündigen Auftritts fast durchweg das Hörerlebnis. Übersteuerte Stimmen, verzerrte Melodien und kaum verständliche Texte ließen eher an ein Punk-Konzert als an einen geistlich orientierten Chorvortrag denken.
Auch sonst waren viele vertraute Spirituals wie »He's Got the Whole World«, »Go Down Moses« und »Oh Happy Day« kaum wiederzuerkennen. Das Ensemble befleißigte sich modischer Arrangements und betonte das Soulig-Rockige der farbigen Musiktradition. Dem Großteil des Publikums gefiel's. Immerhin hatte der Frontmann schon zu Beginn erläutert, worauf es ihm und seinen Mitmusikern vor allem ankommt: den Besuchern für ihr Eintrittsgeld eine Show zu bieten, die es ermöglicht, für zwei Stunden »glucklich« zu sein und Spaß zu haben. Dass dies zumindest vollauf gelang, unterstrich der überaus dankbare Applaus.

Artikel vom 31.01.2006