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Vereinsfahne ruht im Archiv

Heimkehrerverbände aufgelöst

Paderborn (WV). »Ich hatte Tränen in den Augen. Mit Musik, Blumen und Butterbroten wurden wir auf dem Paderborner Bahnhof empfangen«, erinnert sich Bruno Bieberneit. Es war der 4. August 1949.
Nach zehntägiger Fahrt und Fußmarsch aus dem russischen Briansk kam der Schlänger erschöpft in der Paderstadt an. Vier Jahre und drei Monate Gefangenschaft lagen hinter ihm, die letzte Strecke bis nach Schlangen hatte er noch vor sich. »Ich fuhr mit der Straßenbahn, einen Fahrschein hatte ich nicht, womit sollte ich den denn bezahlen?«, denkt er an die Episode zurück, als ihn der Schaffner danach fragte. Der hatte dann auch ein Einsehen mit dem Heimkehrer.
Die Erinnerung an damals ist nicht nur bei Bruno Bieberneit, sondern auch bei seinen damaligen Leidensgenossen Josef Rudack und Josef Brand lebendig. Bei der Übergabe der Akten des Verbandes der Heimkehrer (VdH) an das Paderborner Stadtarchiv berichten die drei Mitglieder ausführlich davon. Zum Ende des Jahres 2005 hatten sowohl der Stadt- als auch der Kreisverband des VdH ihre Arbeit eingestellt.
Der 1950 gegründete Verein wollte helfen, die wirtschaftlichen und beruflichen Nachteile zu mindern, die den Heimkehrern durch die Jahre in der Gefangenschaft entstanden waren. Er kämpfte auch für die Freilassung der letzten im Osten festgehaltenen Kriegsgefangenen. Der Paderborner Ortsverband betrachtete als das größte Problem in der Nachkriegszeit den Mangel an Arbeitsplätzen.
Allein zwischen März 1949 und Frühjahr 1950 kamen in Paderborn etwa 250 Heimkehrerzüge mit 160 000 bis 170 000 Gefangenen an. Die herzlichen Empfänge am Hauptbahnhof, die in ihrer Art und ihrem Umfang wohl einzigartig gewesen sind, trugen maßgeblich dazu bei, dass sich Paderborn als »Heimkehrerstadt« einen Namen machte.
Stadtarchivar Rolf-Dietrich Müller nahm die Protokolle, Akten, Filme und die Vereinsfahne dankend entgegen. »Diese Dokumente sind wichtige Zeugnisse einer Epoche, die für Paderborn sehr prägend war«, so der Leiter des Paderborner Stadtarchivs.

Artikel vom 30.01.2006