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Situation ein Desaster

»Zink wirkt Zuverlässig« sorgt für volle Ränge

Von Jörn Petring (Text und Foto)
Hiddenhausen (HK). Deutschland im 21. Jahrhundert, nichts klappt mehr. Reformen bedeuten Rückschritt, die Innenstädte veröden, und das Wort »Service« heißt,Êdass man alles selber machen muss. So sieht es zumindest Anka Zink. Donnerstagabend klärte die Kabarettistin das Publikum auf der Lippinghauser Kleinkunstbühne über den Sinn des Lebens auf.

Vor Verkündung des Lebenssinns ließ die Grande Dame der deutschen Kabarettszene - regelmäßige Auftritte im ZDF machten sie bundesweit bekannt - zunächst einige anderen Wahrheiten vom Stapel, die alles andere als Kalenderweisheiten waren.
»Anka wirkt zuverlässig«, seit Mitte 2005 ihr etabliertes Bühnenprogramm, ist eine gesunde Mischung aus Polit-Satire und philosophischen Lachern, gewürzt mit einer extra Portion Lebenserfahrung. Damit strapazierte Zink auch bei ihrem Auftritt in der OPG das Zwerchfell des Hiddenhauser Publikums.
Anka Zink ist schrecklich erbarmungslos, grazil witzig. Auch die Liebe kam zur Sprache. Als Rheinländerin ist Zink prädestiniert. »Liebe lässt sich am besten am Beispiel des FC Köln erklären. Bei den Fans muss es sich einfach um Liebe handeln, anders lässt sich so ein irrationales Verhalten nicht erklären«, wusste Zink.
Irrational ist laut Zink auch die deutsche Servicegesellschaft. »Wir leben in einer Systemgesellschaft á la Frittenbudenfachverkäuferin.« Keine individuelle Beratung, sondern die Wahl zwischen Majo und Ketchup, wollte Zink sagen. Subway und Starbucks - Schnittchen und Kaffeehäuser, importiert aus Amerika - machen es vor, die System-Arztpraxis ist das Ergebnis.
Für Zink ist Deutschland eine Servicewüste: »Praxisgebühr bezahlt/ nicht bezahlt, Schmerzen/ keine Schmerzen, privat oder gesetzlich, mit Diagnose oder ohne. Endlose Systemfrage der Rezeptionistin. Bevor man den ersten Arzt zu Gesicht bekommt, ist das Kind schon geboren.«
Im servicearmen Deutschland gibt es nur noch eine Lösung: den Austritt aus der Solidargemeinschaft. »Gut, ich bin römisch-katholisch. Das kostet Kirchensteuern, völlig ok. Warum bin ich eigentlich Mitglied der Solidargemeinschaft? Gut, als die gesagt haben, das ist eine vorübergehende Sache, habe ich mitgemacht. Aber jetzt, nach 16 Jahren, buchen die noch immer ab. Das ist fast wie ein Buchclub. Nur eben ohne Bücher«, empörte sie sich.
Unverständlich ist ihr auch »die Jugend von heute: Wir hatten in unserer Jugend echte Feinde und Ideale. Die Kniekehlenhosenträger von heute haben nur noch uns.« Die Situation in Deutschland bleibt ein Desaster. Deshalb besteht der Sinn des Lebens darin: warte auf bessere Zeiten.

Artikel vom 28.01.2006