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Reden über die Sucht hilft weiter

Blaukreuz-Gruppe Herford Ost besteht seit 25 Jahren - »Probleme aufarbeiten«

Von Karin Koteras-Pietsch
Herford (HK). »Hinter dem Alkoholismus steckt viel Elend. Und es ist schön, wenn wir heute über so manches lachen können.« - Bis die Mitglieder der Blaukreuz-Gruppe Herford Ost an diesem Punkt angelangt waren, war es ein weiter, streckenweise nicht einfacher Weg. »Man muss die Probleme aufarbeiten. Und das kann man in der Gruppe sehr gut«, sagen die Mitglieder. Am Sonntag, 29. Januar, feiert die Blaukreuzgruppe, die im Gemeindehaus der Markus-Gemeinde beheimatet ist, ihr 25-jähriges Bestehen.

Jeden Freitag Abend treffen sich Alkoholiker und Angehörige für rund zwei Stunden im Gemeindehaus. Dort geht es meist recht locker zu. »Wir kennen uns schon lange. Da ist natürlich eine gewisse Vertrautheit vorhanden. Und wir sind froh, dass wir es so weit geschafft haben«, sagt Brigitte Fischer, die neben Erika Hölscher und Manfred Stahn die Gruppe seit 15 Jahren leitet. Dabei ist dies für eine Co-Alkoholikerin, also die Partnerin eines Betroffenen, eher ungewöhnlich. »In der Regel werden die Selbsthilfegruppen nur von Betroffenen geleitet«, erzählt Brigitte Fischer. In Herford werde es jedoch auch als Vorteil gesehen, wenn ein Mitglied der »Gruppenleitung« die Sichtweise der Angehörigen vertritt.
Nach einem gemeinsamen Einstieg teilen sich die Teilnehmer während ihrer Zusammenkünfte in zwei kleinere Gruppen. Da redet es sich etwas leichter. Oft »trennen« sich während der Treffen auch Paare, damit der einzelne freier erzählen kann.
Die Gründe, zur Flasche zu greifen, sind vielfältig. Stress, Probleme, Angst, Einsamkeit oder die Unfähigkeit, über Probleme zu reden, sind nur einige Auslöser für den Alkoholismus. Der Betroffene stellt fest, dass sich mit Alkohol manches leichter ertragen lässt. Dass er auf dem Weg in die Abhängigkeit ist, bemerkt in den meisten Fällen zuerst der Partner. Dieser spürt die Veränderung in der Verhaltensweise des anderen. Die Verhaltensweise ist daher auch ein zentrales Thema während der Gruppentreffen, vor allem wenn es um einen Rückfall geht. Dieser beginnt, das wissen die meisten Betroffenen, nicht erst dann, wenn man wieder »die Flasche am Hals« hat, sondern bereits mit dem Rückfall in alte Verhaltensweisen.
Oft sind es die Gruppenmitglieder, die frühzeitig erkennen, wenn sich ein Teilnehmer verändert. Der Betroffenen wird angesprochen. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn die Teilnehmer regelmäßig kommen. Die BlaukreuzGruppe vermittelt ihnen ein Stückchen Sicherheit und Verständnis. »Hier kann ich einfach mal losreden. Und ich muss nicht immer alles erklären. Jeder Anwesende hat genügend Erfahrung, um zu verstehen, was mich beschäftigt oder belastet«, erzählt einer der Teilnehmer während des Treffens. Eine Bereicherung kann die Arbeit in der Gruppe auch für Paare sein. »Wir haben ein Stück Lebensqualität zurückgewonnen. Die Gespräche haben uns geholfen. Wir verstehen uns heute wieder besser«, berichtet ein Ehepaar nach inzwischen drei Jahren in der Gruppe.
Wer sich für die Arbeit der Blaukreuz-Gruppe interessiert, die unter anderem mit Ausflügen, Seminaren oder Besuchtsdiensten weit mehr ausmacht, als nur die Gruppentreffen, ist eingeladen, am Sonntag am Gottesdienst teilzunehmen. Im Anschluss ist ein geselliges Zusammensein mit Essen im Gemeindehaus geplant, an dem auch viele Ehemalige teilnehmen werden. Gegründet wurde die Gruppe von Alfred und Ilde Mettenbrink. Der Gottesdienst beginnt am Sonntag um 10 Uhr in der Markuskirche.

Artikel vom 28.01.2006