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Neuer Kopf für guten Zweck

60 Kunden ließen sich bis Mitternacht frisieren - Erlös für Hospizarbeit

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Was macht Schwester Michaelis von den Vincentinerinnen nachts um halb zwölf im Frisiersalon? Antwort: Werbung für die Hospizarbeit.

Eine der originellsten Benefizaktionen in jüngster Zeit hat am Samstag die Paderborner im Hause des Friseurmeisters Jürgen Mollemeier, zentral zwischen Dom und St. Vincenz-Krankenhaus gelegen, zusammenströmen lassen. Einmal Haare waschen, legen, fönen für einen guten Zweck, das hielten 60 Frauen und Männer für eine Super-Idee und fanden sich zwischen 16 und 24 Uhr im Frisurenstudio »Kopfarbeit« am »Bogen« ein. Auf Wunsch bekam der Schopf auch Dauerwellen oder frische Farbe, das ganze Programm an Verschönerungsmöglichkeiten konnte gebucht werden.
Bezahlt wurde nach Gutdünken, Mollemeier ließ an diesem Nachmittag und Abend die Kasse zu. Am Tresen stand stattdessen ein Sparschwein, das die Kunden mit einer Summe, die sie für angemessen hielten, füllten. Als der Friseur und die Ordensschwester nach Mitternacht das Schweinchen schlachteten, zählten sie 1842,23 Euro - eine Summe, über die sich beide freuen konnten. Die Kunden waren ehrlich und machten den Spaß für eine ernste Sache gerne mit: Im Durchschnitt zahlte jeder 30 Euro, was den gewohnten Tarifen entspricht.
»Eine tolle Idee«, fand auch Marcus Darimont, der sich einen neuen Haarschnitt verpassen ließ. Dazu genoss er ein Bier und leckere Häppchen, die Markus Tanger, Inhaber des Hotels Krawinkel, gratis geliefert hatte. Er verwöhnte die Kunden mit Parmaschinkenstangen, Geflügelspießchen und einem Glas Prosecco, die dann natürlich gern einen Moment warteten, ehe es unter Kamm und Trockenhaube ging. Waren sie schließlich verschönt, wartete schon der Taxi-Service von Jürgen Keck vor der Tür. Der BMW-Händler chauffierte die Frischfrisierten im neuen Geländewagen-Modell kostenfrei nach Hause.
An dem ganzen Programm hatten nicht nur die Kunden, sondern auch alle Haarkünstler der Firma »Kopfarbeit« ihr Vergnügen. Freiwillig hatten sich die sechs Mitarbeiterinnen von Jürgen Mollemeier (37) bereit erklärt, an den regulären Samstagsdienst noch acht Stunden dran zu hängen; und so standen Simone Ahrens, Yelda Atakan, Annette Graute, Annika Küchmeister, Svenja Retzlaff und Julia Spielew unverdrossen bis Mitternacht im Salon und fönten und tönten Schopf um Schopf. »Nachher taten uns schon die Füße weh«, gab Mollemeier zu. Laufkundschaft musste er in der Regel abweisen, da der Terminplan komplett ausgebucht war und er punkt Mitternacht schließen musste - Sperrstunde für Friseure.
Spaß hatte aber auch Schwester Michaelis, die während der gesamten Aktion im Salon ausharrte und die Gelegenheit nutzte, mit Kunden ins Gespräch zu kommen. Dabei erzählte sie von ihrer Arbeit im Hospizdienst und der Notwendigkeit, Spenden zu sammeln. »Die Leistungen der Pflegekassen reichen für den Betrieb unseres Hauses nicht aus«, erklärte sie, denn das Lebensende lasse sich nun einmal nicht planen, und so bleiben gelegentlich für ein paar Tage die Hospizbetten leer, während das Personal weiter zum Dienst erscheint. »Insbesondere die Begegnung mit den jungen Leuten hat mir viel Freude gemacht«, erzählt die Ordensfrau, die für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist (Tel. 05251/102-250). Wer zur Premiere keinen Termin mehr bekommen hat, muss sich nicht ärgern: Das Benefiz-Frisieren wird wiederholt.

Artikel vom 30.01.2006