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Eine Epoche
im Überblick

Kunstverein zeigt Grafiken

Von Ruth Matthes (Text)
und Jörn Hannemann (Fotos)
Bünde (BZ). Eine illustre Gruppe expressionistischer Meister hat der Herforder Kunstverein mit Hilfe des Folkwang-Museums Essen in das Daniel-Pöppelmann-Haus geholt. Von einem Arbeiterinnen-Porträt, das Käthe Kollwitz 1903 zeichnete, bis zu einer Landschaft, die Schmidt-Rottluff 1956 schuf, reicht die zeitliche und stilistische Bandbreite der Ausstellung, die am Samstag eröffnet wird.

Begrüßt wird der Besucher im Erdgeschoss des Oesterlen-Baus von Portraits und Landschaften, zwei Schwerpunkten der expressionistischen Kunst. Bereits hier wird deutlich, wie unterschiedlich die verschiedenen Künstler die grafischen Techniken nutzten. So hat Ausstellungskurator Prof. Theodor Helmert-Corvey zwei eher untypische Exemplare, Beckmanns fast zeichnerisch angelegtes Holzschnitt-Selbstportrait und Jawlenskys mit breitem Strich gezeichnete Lithographie, einander gegenüber gestellt.
Weitere Meisterwerke der Holzschnitt-Kunst lieferten Franz Marc, Schmidt-Rottluff und Ernst Barlach für diese Ausstellung - jeder mit seiner ganz eigenen Handschrift. Schmidt-Rottluff lotete das Kantige des Holzschnittes voll aus, Marc hingegen ließ auch hier die Formen fließen.
Während Helmert-Corvey einige Werke bewusst in ungewöhnliche Zusammenhänge stellte, beließ er die Arbeiten anderer Künstler beieinander. Dies ermöglicht es dem Betrachter zum Beispiel die stilistische Entwicklung Lyonel Feiningers nachzuvollziehen von der Radierung »Grüne Brücke« von 1910/11 bis zum stark geometrisch abstrahierenden Holzschnitt »Gelmeroda« von 1918.
Ermöglicht hat die Ausstellung zum Abschluss der Jubiläumssaison Dr. Hubertus Froning, der für die Herforder 81 Arbeiten aus dem graphischen Kabinett des Folkwang-Museums Essen zusammen gestellt hat, die einen guten Einblick in die thematische Vielfalt und die diversen Strömungen innerhalb des Expressionismus' gibt.
Insgesamt findet der Besucher repräsentative Werke von 20 Künstlern, die sich Anfang des vergangenen Jahrhunderts in ihrer Arbeit von der Darstellung der äußeren, akademischen Form abwandten, hin zur Darstellung des Inneren, seelisch Erfahrbaren.
Dr. Froning hat sowohl die Gründer der »Brücke«, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Schmidt-Rottluff ausgewählt, als auch die Künstler des »Blauen Reiters« mit ihrer eher romantisch und mystisch orientierten und stärker auf Formprobleme konzentrierten Kunst.
Hier sind vor allem Franz Marc, August Macke und Jawlensky zu nennen.
Doch auch Vertreter der sozial und religiös bewegten Richtung des Expressionismus', wie Ernst Barlach, Käthe Kollwitz und Max Beckmann, findet der Besucher der Ausstellung, ebenso wie Max Pechstein mit seiner von der primitiven Kunst inspirierten Arbeit »Zweigespräch«.

Artikel vom 28.01.2006