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Modellversuch ist gestoppt

Schuleingangsuntersuchungen nicht im Kreishaus

Kreis Lippe (SZ). Das Gesundheitsamt des Kreises Lippe hatte in einem Modellversuch die Schuleingangsuntersuchungen für ausgewählte Schulen nicht mehr wie bisher vor Ort, sondern zentriert im Kreishaus durchgeführt. Dieses Modellvorhaben hat Landrat Friedel Heuwinkel jetzt abgebrochen und angeordnet, dass die Mediziner des Gesundheitsamtes die zur Einschulung anstehenden Kinder wieder in den Schulen untersuchen sollen.

»Das mit dem Versuch verfolgte Ziel, die Qualität der Untersuchungen nachhaltig zu verbessern, kann allein durch einen Ortswechsel aus meiner Sicht nicht erreicht werden«, erklärte Landrat Friedel Heuwinkel. »Es ist viel wichtiger, im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes die Kinder noch viel früher zu untersuchen, um bereits frühzeitig mögliche Defizite für die Schulfähigkeit aufzudecken.«Ê
Jedes Jahr nehmen die Kinder- und Jugendärzte des Kreises Lippe etwa 4000 Untersuchungen vor, mit denen die Schulfähigkeit der Kinder festgestellt werden soll. Gegenstand dieser Untersuchungen ist neben einer körperlichen Untersuchung die Überprüfung der Seh- und Hörfähigkeit sowie der motorischen und sprachlichen Fähigkeiten. Auch ein sogenanntes Screening, also eine besondere Form der Überprüfung zur Entdeckung von Wahrnehmungsstörungen, bieten die Kreismediziner an. »Alle diese Untersuchungen werden wir auch mit Rücksicht auf die vielen berufstätigen Eltern wieder vor Ort anbieten, zumal die erhoffte Kostenersparnis eher gering ist«, so der Landrat.
Die Sozialdemokraten im lippischen Kreistag hatten deutliche Kritik an dem Modellversuch geäußert. Schuleingangsuntersuchungen sollten vor Ort, in den Städten und Gemeinden, wo die angehenden »I-Männchen« leben, vorgenommen werden. Diese Auffassung hatte der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Gerd Belz, vertreten. »Es ist schon fast ein Schildbürgerstreich, 4000 Kinder mitsamt Vätern oder Müttern im Kreishaus vorstellig werden zu lassen, statt das kleine, überschaubare Untersuchungsteam in die Schulen oder Rathäuser vor Ort zu entsenden«, so Belz. Eltern und ihre Kinder müssten dann einen Transport aus Lügde, Kalletal, Leopoldshöhe oder anderswo ins Kreishaus und zurück organisieren. Das sei unzumutbar, nicht bürgerfreundlich und absolut ineffizient.Ê
Die Sozialdemokraten zeigten sich auch irritiert von Heuwinkels Vorgehen in dieser Angelegenheit. Offensichtlich habe der Landrat in dieser Maßnahme ein Geschäft der laufenden Verwaltung gesehen. Denn einen Beschluss, die Untersuchungen ins Kreishaus zu verlegen, sei von keinem Kreisgremium gefasst worden. »Maßnahmen, die praktische Konsequenzen für mehrere tausend Lipperinnen und Lipper haben, müssen vom Kreistag beschlossen werden«, erläuterte der SPD-Fraktionschef seine Position. ÊBelz verwies darauf, dass auch die lippischen Bürgermeister für eine Rückkehr zu den bewährten Schuleingangsuntersuchungen vor Ort plädiert hätten.

Artikel vom 30.01.2006