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Kämpferin geht in den Ruhestand

Christine Hartmann verlässt die Grundschule Wallenbrück-Bardüttingdorf

Von Julia Lüttmann
Wallenbrück-Bardüttingdorf (SN). Die Schar der Gratulanten wollte kein Ende nehmen: Kollegen, Vertreter der Schule, der Stadt, des Kreises, der Kirche, des Kindergartens, der Vereine, Wegbegleiter - alle wollten Christine Hartmann, langjährige Leiterin der Grundschule Wallenbrück-Bardüttingdorf verabschieden, die in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eintritt. Am Ende war sie »nach so viel Nettigkeit wie erschlagen«.

Lehrerin, Schulleiterin, Dorfschulaktivistin: Einen Rückblick auf fast 37 Jahre pädagogische Arbeit in Wallenbrück und Bardüttingdorf gab während der Verabschiedung die Kollegin und langjährige Freundin Ilse Kirchhof. Christine Hartmann legte im Sommer 1968 ihr erstes Examen für Lehramt an der Volksschule in Bielefeld ab. Zwar wurde in diesem Jahr die Volksschule durch die Grund- und die Hauptschule abgelöst, Christine Hartmann wurde dennoch nach ihrem zweiten Lehrerexamen zur Volksschullehrerin ernannt. Nach einem kurzen Gastspiel in Verl wurde Christine Hartmann schließlich im August 1970 Lehrerin an der neu gegründeten Grundschule Wallenbrück-Bardüttingdorf ihrer neuen Heimatstadt Spenge.
Hier machte sie sich schnell als »grünes Wunder« einen Namen, wie Ilse Kirchhof ausführte: Mit ihren revolutionären Ideen machte sie dem damaligen Schulleiter Dietrich Korthals und den Kollegen das Leben schwer.
Als dieser 1980 überraschend in den Ruhestand ging, setzte sich Christine Hartmann erfolgreich gegen vier männliche Mitbewerber durch - und damit hatte der Kampf erst begonnen: Aufgrund sinkender Schülerzahlen sollte die Grundschule geschlossen werden. »Gegen Politik, Verwaltung und Schulaufsicht musstest Du ins Feld ziehen«, erinnert Ilse Kirchhof. Doch das Bemühen, unterstützt von Bürgern und Schulpflegschaft, war von Erfolg gekrönt. Kaum weniger bewegt vergingen die nächsten zwei Jahrzehnte, geprägt von wechselnder Schulpolitik, dem Projekt »Schule & Co« und der selbstständigen Schule sowie der Einführung der OGS im vergangenen Jahr. »Bei allen Schwierigkeiten hast du uns jedoch als unser Motor nicht nur immer wieder bis zum Schluss motivieren können, sondern hast auch für unsere Probleme und Sorgen immer ein offenes Ohr gehabt.«
»Ein Wechsel in der Leitung einer kleinen Schule ist auch eine Zäsur für das Dorf«, urteilte Bürgermeister Christian Manz. Er lobte Christine Hartmann nicht nur als engagierte Pädagogin, die die Potenziale und Chancen einer kleinen Schule im ländlichen Raum stets genutzt habe, sondern auch als aktives Mitglied der Dorfgemeinschaft: »Danke, dass Sie das Wesen einer Schule im Dorf gelebt haben.«
In den Ruhestand verabschiedet haben ihre Kollegin auch die Schulleiter Karl Hankel (Lenzinghausen) und Undine Rückbrodt-Heidemann (Spenge/Hücker-Aschen) - mit einer interaktiven Rede. Jeder Buchstabe des Wortes »Zentralkino« stand für die Eigenschaften der scheidenden Schulleiterin: Von »Z« wie »mehr Zeit« über »E« wie »Energie« und »K« wie »kämpferisch« bis »O« wie »ohne Stress« beschrieben sie eine hilfsbereite, zielstrebige, energische und verlässliche Kollegin. Für ihren Ruhestand bekam sie, nachdem sie das Lösungswort erraten hatte, dann Kinokarten.
Ein sehr persönliches Geschenk übergab Anke Fuchs, Vorsitzende des Fördervereins: Die Mitglieder hatten Zitate über die Schulleiterin aus den vergangenen Jahrzehnten gesammelt und einBuch, zusammen mit zahlreichen Glückwünschen, zusammengestellt..
Künstlerisch hatte sich die Schulpflegschaft betätigt: Eine Collage, die Marion Nienaber-Wollbrink und Martina Finkemeyer übergaben, wird Christine Hartmann an ihre Schulzeit erinnern. Für die gute Zusammenarbeit mit den Vereinen dankte der Heimatvereinsvorsitzende Klaus Eggert mit einer Chronik über die Feierlichkeiten zum Dorfjubiläum. Er begrüßte zudem die neue Schulleiterin Barbara Hommel, freute sich auf eine gute Zusammenarbeit. Die Schule habe sich bei kirchlichen Veranstaltungen stets engagiert, lobte Pfarrer Dietmar Stuke. Doch auch als Vater zweier Kinder habe er die Qualität der Dorfschule stets zu schätzen gewusst.
Als Vorsitzende des Personalrates überbrachte auch die neue Schulleiterin Barbara Hommel Glückwünsche. »Du hast Maßstäbe gesetzt«, würdigte sie die Arbeit ihrer Vorgängerin. Und auch Vorgänger Dietrich Korthals schloss sich an, das »hohe Lied« auf Christine Hartmann anzustimmen.
Zu Gast bei der Veranstaltung war zudem der Europaparlamentarier Friedrich-Wilhelm Gräfe zu Baringdorf, der sich in den 80er Jahren selbst massiv für den Erhalt der Grundschule - »meiner Schule« - eingesetzt hat. Auch er würdigte den Einsatz für die Grundschule im Dorf. Den Glückwünschen schlossen sich auch Ursula Niemeier und Jutta Schattmann vom Schulamt an.
Christine Hartmann war von den Glückwünschen überwältigt. »Überwiegend bin ich gerne Lehrerin gewesen«, sagte sie rückblickend. Natürlich sei es auch anstrengend gewesen. »Aber ich arbeite gerne mit Kindern - weil sie einem offen die Meinung sagen.«

Artikel vom 28.01.2006