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Klute setzt auf
»Vernunft der
Abgeordneten«

Etat-Lücke von 600 000 Euro droht

Von Oliver Horst
Versmold (WB). Das Damoklesschwert eines klaffenden Haushaltslochs schwebt niedriger denn je über der Stadt Versmold: Die Landesregierung hat am Mittwoch ihren Gesetzentwurf zum kommunalen Finanzausgleich bestätigt. Wenn der Landtag diesem Mitte Februar zustimmt, droht der Stadt wie berichtet ein Einnahmeausfall von mehr als 600 000 Euro.

Schon vor Wochen hatten der Städte- und Gemeindebund als Interessenvertretung der Kommunen sowie die Städte- und Landkreistage mit Nachdruck auf die Benachteiligung von Städten mit relativ hohem Gewerbesteueraufkommen wie Versmold durch die geplante Abschaffung des Solidarbeitraggesetzes hingewiesen. Doch all diesen Bedenken zum Trotz hat die Landesregierung an ihren Plänen festgehalten. Verabschiedet der Landtag den Entwurf, fehlen im Haushalt fast aller Kommunen im Kreis Gütersloh eingeplante Einnahmen. Für Versmold beziffert Kämmerer Andreas Pöhler die Summe auf 500 000 Euro. Durch mögliche geringere Umlagezahlungen an den Kreis könnte sich das Minus im Etat reduzieren.
Die zudem geplante Kürzung der vom Land gezahlten Investitionspauschale dürfte der Stadt eine Mindereinnahme gegenüber dem erwarteten Haushaltsansatz von 105 000 Euro bescheren. Beide Aspekte betreffen bereits das laufende Haushaltsjahr. »Sollten uns plötzlich mehrere hunderttausend Euro fehlen, kämen wir um einen Nachtragshaushalt nicht herum«, sagte Bürgermeister Thorsten Klute auf Anfrage dem VERSMOLDER ANZEIGER. So weit aber soll es nicht kommen. Das sei gestern auch einhellige Meinung auf der kreisweiten Bürgermeisterkonferenz gewesen. Klute und auch Pöhler setzen »auf die Vernunft der Landtagsabgeordneten«.
Über eine von der SPD-Ratsfraktion angeregte Resolution an die Landesregierung und die Landtagsfraktionen gegen den Wegfall des Solidarbeitraggesetzes berät am Montag der Haupt- und Finanzausschuss. Darüber hinaus nimmt Klute schon jetzt die gewählten Vertreter in die Pflicht: »Ich appelliere an alle heimischen Landtagsabgeordneten sich auf ihre Region zu besinnen und sich nicht dieser ideologischen Idee und Rhein-Ruhr-orientierten Politik hinzugeben.« Andernfalls müsste sich die Landesregierung vorwerfen lassen, dass dort »der Schwanz mit dem Hund wedelt«, sieht Klute den kleineren Partner FDP als treibende Kraft. »Da sich deren erklärtes Ziel, die Gewerbesteuer abzuschaffen, nicht von jetzt auf gleich umsetzen lässt, soll die Gewerbesteuer offenbar unattraktiv gemacht werden.« Klute sieht in diesem Vorgehen eine große Gefahr: »Das kann wie ein Bumerang zurückschlagen, da die Städte dann nicht mehr motiviert sein könnten, gewerbefreundliche Politik zu machen und Gewerbeflächen auszuweisen.« Der Argumentation von NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf (FDP), der mit Blick auf den geplanten Wegfall des Solidarbeitraggesetzes von mehr Verteilungsgerechtigkeit und weniger Bürokratie spricht, kann Klute nicht folgen: »Wenn es um Einsparungen ginge, hätte ich Verständnis für viele Maßnahmen. Hier aber geht es um eine reine Umverteilung, die in meinen Augen schlichtweg ungerecht wäre.«

Artikel vom 27.01.2006