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Von Michael Robrecht

Diese
Woche

Vertrauen zur Caritas


Die Skeptiker sind widerlegt: In den vor fünf Jahren neu formierten katholischen Beratungsstellen für Schwangerschaftsprobleme ist die Nachfrage groß. Im Kreis Höxter bei der Caritas in Brakel steigt sie sogar ständig an (plus 115%), berichtete Beraterin Magdalena Schymik in ihrer jüngsten Bilanz (WB vom 25. Januar). Mehr als 1027 Kontakte im Jahr 2005 sind für das »Ein-Frau-Büro« eine beeindruckende Zahl. Schwangere, die Beratung und Hilfe suchen, kommen in großer Zahl natürlich auch zu den anerkannten und mit vielfältigen Hilfsangeboten bereit stehenden Beratungsstellen von Donum Vitae und der AWO. Die beiden anderen Einrichtungen haben der Caritas, die bekanntlich keine Scheine mehr ausstellen darf, jedoch den Rang nicht abgelaufen, wie von katholischer Seite lange befürchtet wurde.
Viele Frauen entscheiden sich heute ganz bewusst, sich bei der Caritas beraten zu lassen. Die Schwangeren kommen nicht zum Teetrinken, sondern um wirklich konkrete Konfliktsituationen zu besprechen und Tipps für Hilfe zu bekommen.
Den neu formierten katholischen Beratungsstellen war in den Medien von Seiten der Politik wie in manchen innerkirchlichen Diskussionen bei der Gründung 2001 keine große Zukunft prognostiziert worden. Besonders jene Frauen, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befänden, würden ausbleiben, wurde geunkt. Damit sei das Ziel der Konfliktberatung, nämlich der Frau Mut zu machen für eine gemeinsame Lebensperspektive mit ihrem Kind, verfehlt. Doch die schwangere Frauen in Entscheidungskonflikten kamen weiterhin. Und immer zahlreicher. Doch warum gerade zur Caritas? Viele Betroffene, besonders im katholisch geprägten ländlichen Raum Hochstift, suchen dort vernünftigen Rat, Hilfe und Unterstützung, ohne nach dem Schein zu fragen, der eine Konfliktberatung offiziell bestätigt. Das heißt: Wo das Angebot der neu formierten katholischen Schwangerenberatung in seiner ganzen Bandbreite positiv gesehen wird, hat es bei den betroffenen Frauen eine echte Chance.
Vor Jahren schon hatte der Caritasverband eine Umfrage in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Frauen, die in Schwangerschaftskonflikten Rat und Hilfe brauchen, erhoffen sich einen freien und offenen Raum, in dem ihnen Kontakte, Beratung und menschliche Begleitung angeboten werden. Frauen denken also offensichtlich nicht vordergründig und kurzschlüssig an die Ausstellung einer Bescheinigung, wie das manche in der öffentlichen Diskussion glauben machen wollten, berichtet die Caritas. Die Vorstellung, dass Frauen in einem Schwangerschaftskonflikt oder in einer durch Schwangerschaft ausgelösten Notsituation von vornherein auf einen Abbruch zusteuern, ist also korrekturbedürftig. Die Zahlen im Kreis Höxter bestätigen diese Sicht.
Für viele ist der Freiraum einer qualifizierten und motivierenden Beratung zum Leben also das Entscheidende, nicht ein kaltes Formular. Mut zum Leben machen auch die konkreten Hilfen, wie sie Caritas-Kreisvorsitzender Franz-Josef Thöne in diesem Jahr noch stärker anbieten will: Mutter-Kind-Einrichtungen, Frauenhäuser, Ausbildungsunterstützung, Treffpunkte für allein Erziehende, Eltern-Kind-Gruppen, Kleidung und ständige Ansprechpartner in Beratungsstellen. Damit finanziert man zwar noch kein Kind, aber die Frauen stehen auch nicht allein. Und wenn - wie aktuell in der Diskussion - der Bund durch Steuerentlastung (Familienministerin Ursula von der Leyen/CDU erwartet 2006 sogar einen kleinen Babyboom durch das höhere Elterngeld) und mehr Plätze in Kindergärten (auch für unter Dreijährige) stärker Flagge zeigt, kann aus einer vermeintlichen Notsituation zuletzt doch noch eine positive Entwicklung erwachsen. Die Caritas-Beratungsstelle in Brakel ist - ohne die gute Arbeit von AWO und Donum Vitae in irgendeiner Form herabmindern zu wollen - eine segensreiche Einrichtung für den Kreis Höxter, die unterstützt werden sollte.

Artikel vom 28.01.2006