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Fällung wurde verschoben:
Der Mammutbaum steht noch

Äußere Rahmenbedingungen zu schlecht - Fachmann beurteilt Baum

Von André Best (Text und Foto)
Halle (WB). Der Mammutbaum im Garten von Harry Hentschel steht noch. Schnee und Wind lassen die beabsichtigte Fällung bislang nicht zu. Detlef Bartling vom gleichnamigen Landschaftsbaubetrieb in Lage hat die für gestern geplante Fällung kurzerhand abgeblasen.

»Bei diesen äußeren Rahmenbedingungen ist die Aktion zu gefährlich«, sagte der Fachmann gestern dem WESTFALEN-BLATT. Schließlich sei ein 200-Tonnen-Kran erforderlich, um den Mammutbaum von oben nach und nach abzutragen. »Das ist bei dieser Witterung nur schwer möglich«, meinte Bartling.
Aber nicht nur Schnee und Eis machten der Fällung gestern einen Strich durch die Rechnung, sondern auch der zügige Wind sowie einige Autos, die in der Straße Am Hang noch im Weg standen.
Wenn die äußeren Rahmenbedingungen stimmen, soll der etwa 26 Meter hohe Baum aller Voraussicht nach in den nächsten Tagen verschwinden. Baumfäller Detlef Bartling schloss aber im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT auch nicht aus, dass der Mammut gar nicht gefällt, sondern nur um ein paar Meter gestutzt werde. Diese Kompromisslösung hat er seinem Auftraggeber gestern nahe gelegt, damit »hier Frieden einkehrt«.
Von friedlichen Tagen kann Harry Hentschel derzeit nicht berichten. »Ich musste einiges über mich ergehen lassen. Ein paar Nachbarn haben Druck ausgeübt. Presse, Funk und Fernsehen belagern mein Haus. Ich fühle mich schon fast wie ein Straftäter.« Und das alles, weil er und seine Frau Hildegard Hentschel sich etwas mehr Licht im Garten und weniger Arbeit mit dem Baum wünschen. »Außerdem kann ich für die nötige Sicherheit hier nicht mehr garantieren. Schon bei kleineren Stürmen fliegen zum Teil dicke Äste aufs Grundstück.«
Die Angebote der Stadt und einiger Nachbarn, die signalisiert hatten, zur Rettung des Baumes bei der Pflege mitzuhelfen, überzeugen Harry Hentschel nicht. »Ich habe mich oft genug an die Stadt gewandt, aber echte Hilfe nie bekommen. Nicht mal eine grüne Tonne haben die mir hingestellt. Jetzt, wo der Baum in die Öffentlichkeit gerückt ist, tut die Stadt so, als habe sie Interesse an dem Baum.«
So schön und groß der Mammut auch ist - Harry Hentschel sieht in ihm eine Gefahr. Das hat gestern auch ein Experte in Sachen Gehölzen bestätigt. Franz-Herbert Gruber von der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (Gehölzkunde) war gestern vor Ort, um den Mammut unter die Lupe zu nehmen. Sein Fazit: Der Baum ist nicht wie häufig erwähnt 150 bis 250 Jahre alt, sondern höchstens 90. Außerdem ist sein Wurzelwerk, wie bei Mammutbäumen üblich, äußerst flach. »Die Wurzeln bei diesem Baum reichen nicht tiefer als einen oder zwei Meter in den Boden. Bei einem Sturm könnte er umkippen.« Haller Aspekte

Artikel vom 27.01.2006