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Eindeutig ohne Worte


Es war einmal, da konnte ein geschenkter Blumenstrauß ein vernichtendes Urteil sprechen: Jede Blumensorte, jedes Schleifchen am Strauß, jede aufrecht stehende oder hängende Blüte hatte im 18. und 19. Jahrhundert eine gesellschaftlich klar definierte Bedeutung. Die Blumen waren der Code für das, was man sagen oder fragen wollte, aber nicht auszusprechen wagte. Wer die Symbolik beherrschte, konnte sehr beredt seine(n) Liebste(n) überzeugen oder unliebsame Verehrer abwimmeln, ganz im Stil der damaligen Zeit und ohne Worte. Nicht nur in der Art der Blume, sondern auch in der Farbe lag eine Botschaft. Wer das Rätsel löste, sah klarer, was das Zwischenmenschliche betraf. Rot stand für glühende Liebe, aber auch für Freude, Temperament, Begehren und Unbekümmertheit. Orange signalisierte Hitze, Feuer, Energie sowie freudige Erregung, Glück und Genuss. Gelbe Blüten kamen damals nicht gut weg: Eifersucht, Missgunst und Untreue wurden damit ausgedrückt. Mit rosafarbenen Blumen ließ sich ohne Worte sagen, wie anmutig und lieblich die Angebetete wirkte und welch zärtliche Gefühle der Schenkende hegte. Ob dies immer gewünscht war, sei dahingestellt.

Artikel vom 10.02.2006