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Spengemann jetzt in Herforder Hand

Michael und Andreas Böke kaufen das Unternehmen und geben Standortgarantie ab

Von Rainer Grotjohann
Bünde/Kirchlengern/Herford (BZ). Die Firma Westfalen Food GmbH, eine Tochter des Gausepohl-Konzerns, hat nur ein kurzes Gastspiel in Klosterbauerschaft gegeben - wie von Insidern erwartet und von der Belegschaft befürchtet. Jetzt gehört die Westfälische Fleischerei Spengemann den Brüdern Michael und Andreas Böke, Inhaber eines alteingesessenen Fleischfachbetriebs in Herford.

Die haben Nägel mit Köpfen gemacht, den Gesamtbetrieb gekauft, allen Mitarbeitern unbefristete Arbeitsverträge angeboten und somit eine Standortgarantie gegeben. Ohne von der Belegschaft weitere Opfer als Garantie für den Bestand der Arbeitsplätze zu fordern. Das war bei der Gausepohl-Tochter anders gelaufen. Der Verzicht auf ein halbes Monatsgehalt und auf Weihnachtsgeld sowie das Umwandeln der unbefristeten auf die Dauer von einem Jahr limitierten Arbeitsverhältnisse waren Bestandteile des Vertragspaketes zwischen der Familie Brunshus und der Westfalen Food GmbH. Dem Vernehmen nach mussten auch Lieferanten Einbußen hinnehmen. Kaum war alles in trockenen Tüchern, bot der Gausepohl-Konzern den Herfordern Spengemann zum Kauf an.
Fast amüsant: Die Böke-Brüder hatten der Familie Brunshus bereits im Herbst vergangenen Jahres ein Kaufangebot unterbreitet, waren jedoch nicht zum Zug gekommen. Die Inhaber nahmen das Angebot der Gausepohl-Gruppe an und blieben Mitglieder der Geschäftsführung.
Das ist jetzt Geschichte: Martin Brunshus und seine Frau sind außen vor. Die Bökes werden die Geschäfte selbst führen und setzen dabei auch auf ihre »rechte Hand« Ulrich Stellbrink.
Am Montag hatten die neuen Inhaber, die das Geschäft unter dem alten Namen weiter führen werden, die Belegschaft in Klosterbauerschaft zusammen gerufen. »Die Mitarbeiter, die in den vergangenen Monaten unter anhaltender Unsicherheit gelitten haben, sind erleichtert. Sie sind froh, dass ihr Betrieb wieder inhabergeführt wird, von Leuten aus der Region und dass das Unternehmen nicht mehr in Händen eines Großkonzerns ist. Diese Lösung hätte es schon vor zwei Monaten geben können«, bedauerte Michael Böke. Denn die letzten Wochen hätten dem Ruf des Unternehmens geschadet. Die Mitarbeiter hätten alles getan, »damit es überhaupt weiter ging«. Jetzt gelte es, verloren gegangenen Boden wieder wett zu machen. Das werde mit dem Engagement der Belegschaft auch gelingen, zeigten sich Böke und Stellbrink überzeugt.
Was mit den beiden gekündigten Arbeitnehmerinnen geschieht, ist noch unklar. »Ich kenne die Gründe und Hintergründe für die Kündigung nicht«, sagte Böke. Die verbliebenen Mitarbeiter in Klosterbauerschaft hätten ihm auf Nachfrage versichert, dass sie ihr Votum gegen die Bildung eines Betriebsrates (die BÜNDER ZEITUNG berichtete) definitiv »nicht unter Druck abgegeben« hätten, fügte er in diesem Zusammenhang hinzu. Ihm liege sehr an »friedlichen, betriebsverträglichen Lösungen«.
In der Herforder Firma an der Eimterstraße, 1980 in Schweicheln vom Vater Egon Böke gegründet, hätten die 44 Mitarbeiter keinen Betriebsrat. Das Unternehmen (eine Verkaufsstelle, mehrere Verkaufswagen) erwirtschaftet nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 6,5 Millionen Euro. Spengemann gab seinen Jahresumsatz zuletzt mit 3,8 Millionen Euro an. Eine Konkurrenzsituation zwischen den beiden Firmen gebe es nicht, beide würden weiter ihre eigenen Produkte vermarkten: »Beide Firmen bleiben getrennt.«
Die Spengemann-Filialen blieben erhalten, betonte Michael Böke. Und in Klosterbauerschaft müsse in Modernisierung und Erneuerung der Produktionsanlagen investiert werden. Mittelfristig müssten hier etwa 500 000 Euro aufgewendet werden.
»Wir bemühen uns um handwerkliche Qualität und um die Erhaltung von Arbeitsplätzen«, machte Böke deutlich, dass sein und das Engagement seines Bruders langfristig angelegt sei. Keine Probleme habe es mit Martin Brunshus und dessen Frau bei der Übergabe gegeben. »Beide sind froh, dass das Familienunternehmen in ordentliche Hände kommt«.

Artikel vom 25.01.2006