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Viel Arbeit für den guten Zweck

Die Diakonische Stiftung Wittekindshof lässt ihre Spender professionell betreuen

Von Thomas Hochstätter
Bad Oeynhausen (WB). »Viele Deutsche tun sich schwer damit, ÝBitteÜ zu sagen«, hat Axel Kuchta beobachtet. Der 45-jährige Volmerdingsener selbst hat damit kein Problem. Das darf er auch nicht. Denn Axel Kuchta ist professioneller Spendensammler für den Wittekindshof.

Axel Kuchta versteht sich nicht als Bettler, der fragt, ob mal einer einen Euro für ihn hat. »Ich weiß, für wen ich nach draußen gehe«, sagt der gebürtige Magdeburger. Auf dem Wittekindshof angefangen hat er in der Gruppenarbeit, hat jüngst eine diakonische Ausbildung abgeschlossen. Er kann deshalb anschaulich erklären, wie sehr die Kinder aus dem Schülerdorf sich über eine Urlaubsreise freuen, die allerdings auch eine Sonderausgabe darstellt, oder wie es ist, wenn schmächtige Pflegekräfte behinderte Menschen in die Badewanne heben müssen, weil kein Geld für einen Lifter da ist.
Axel Kuchta sagt, er leiste Beziehungsarbeit, die den Spendern etwas zurückgebe. Dazu gehöre eben, dass er sich auskennt, dass er Projekte der Diakonischen Stiftung detailliert beschreiben kann. »Wenn ich nicht Informationen von allen Seiten habe, dann brauche ich gar nicht loszugehen.«
Denn das Geld fällt einem Spendensammler, einem Fundraiser, wie man heute sagt, nicht in den Schoß. Das weiß Klaus Schuhmacher, Axel Kuchtas Abteilungsleiter, genau. Der 55-Jährige erklärt: »Die Gesamtmenge aller Spenden in Deutschland ist seit Jahren etwa gleich, sie wird nur in jedem Jahr neu aufgeteilt. Wir müssen also neue Spender erschließen und vorhandene Kontakte pflegen.« Dank für jede Spende sei deshalb genauso selbstverständlich wie kontinuierliche Information und die Steigerung des Bekanntheitsgrades. »Wer uns nicht kennt, kann uns nichts spenden.«
Spenden waren in der knapp 120-jährigen Geschichte des Wittekindshofes schon immer nötig. In der Gründerphase ging es ums nackte Überleben. Staatliche Unterstützung gab es kaum. »Die Kartoffel-, Eier- und Getreidespenden der Bauern aus den umliegenden Dörfern waren ein Segen«, erzählt Klaus Schuhmacher
Der erste Kontakt mit möglichen neuen Spendern sei heutzutage in der Regel ein Telefongespräch, sagt Axel Kuchta. »Dann mache ich einen Besuch. Und der ist zu 95 Prozent erfolgreich.« Das setzt jedoch voraus, dass der Fundraiser möglichst schon vorher gut recherchiert hat. »Denn es gibt keine grundlose Spende«, erklärt Klaus Schuhmacher. »Die Kunst besteht darin, die richtigen Projekte mit den richtigen Menschen zusammenzubringen«, sagt Axel Kuchta. Nahe liegend sei es zum Beispiel, einen Pferdefreund, der anlässlich seines 60. Geburtstages auf Geschenke verzichten möchte, auf das therapeutische Reiten des Wittekindshofes hinzuweisen. »Aber nicht nur Spender und Projekte müssen zusammenpassen, sondern auch der Stil, wie wir unsere Spendenbitte formulieren.« Und da wird deutlich, wie wichtig ein persönliche Gespräch ist: »Wer überlegt, sein Testament zugunsten des Wittekindshofes zu formulieren, der hat nämlich viele Wünsche und Fragen - genauso wie Firmen, die über eine größere Spendensumme nachdenken.«
Axel Kuchta lernt so etwas gerade während einer berufsbegleitenden zweijährigen Ausbildung an der Fundraising-Akademie in Frankfurt am Main. Vieles scheint aber einfach Fingerspitzengefühl zu sein. Ein Beispiel: Kaum jemand wird bei einem Todesfall in der Familie hören wollen, dass Mengen von Blumenkränzen Geldverschwendung sind, wo es doch so viele gute Verwendungsmöglichkeiten gäbe. Zu der Gratwanderung, trotzdem so genannte Kondolenzspenden erhalten zu wollen, gehört Sensibilität.
Klaus Schuhmacher zufolge liegt das Geheimnis in der Beherzigung einer einfachen Grundregel: »Wir müssen alles vermeiden, was unseren guten Ruf gefährdet.« Deswegen sei es undenkbar für eine Einrichtung wie den Wittekindshof, so um Spenden zu werben, wie es amerikanisch sozialisierte Organisationen schon mal täten. »Wenn ich in deren Anzeigen die Frage lese ÝHaben Sie schon einmal über Ihr Testament nachgedacht?Ü, dann weiß ich genau, dass das für uns nichts ist«, sagt Klaus Schuhmacher. Axel Kuchta nickt. Er hat, so erzählt er, in der Adventszeit Weihnachtskarten bekommen, in denen sich Spender für die gute Betreuung bedankten. »Dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe.«
l Der Wittekindshof wird seine Spendenbilanz für 2005 voraussichtlich gegen Ende dieses Monats veröffentlichen.

Artikel vom 25.01.2006