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Signalkörper können Schule machen

Bundesweites Pilotprojekt »Erkennbarkeit von Bushaltestellen« erfolgreich verlaufen

Von Erwin Eisfeld
Lübbecke/Minden (WB). 70 neonfarbene Signalkörper lenken seit dem Frühjahr 2005 an Lübbeckes Straßenrändern die Aufmerksamkeit von Verkehrsteilnehmern auf sich. Einheimische Autofahrer wissen: Achtung, hier befindet sich eine Bushaltestelle. Auswärtige müssen sich an die Signalkörper erst noch gewöhnen. Das von der Fachhochschule Bielefeld/Minden durchgeführte Pilotprojekt mit neonfarbenen Signalkörpern hat die Erkennbarkeit von Bushaltestellen jedenfalls nachdrücklich verbessert.
Drückten im Hörsaal die Schulbank: Susanne Lindemann, Jürgen Rohleder (l.) und Karl-Heinz Nunnenkamp (örtliche Verkehrsbehörde).
Zu diesem Fazit kommt Prof. Joachim Bahndorf, Projektteamleiter der FH, nach Abschluss des Pilotprojektes. 95 Prozent von 2000 bei acht Befragungen um ihre Meinung gebetene Verkehrsteilnehmer halten die Erkennbarkeit von Bushaltestellen für sehr wichtig. Zwei von drei Befragten empfanden den neonfarbenen Zylinder als sehr sinnvoll und gut.
An der Fachhochschule stellte Prof. Bahndorf zusammen mit seinem Team bei einem Symposium am Dienstagabend (wir berichteten bereits kurz) die Untersuchungsergebnisse vor. Dazu waren Vertreter der das Projekt begleitenden Stadt Lübbecke (Bürgermeisterin Susanne Lindemann und Karl-Heinz Nunnenkamp von der Verkehrsbehörde), von Firmen, Ingenieurbüros und Behörden aus der Region geladen, die mit Aufgaben des Verkehrs, des Öffentlichen Personennahverkehrs und des Straßenbaus befasst sind.
Zur Vorgeschichte: Seit zehn Jahren bemüht sich der Lübbecker Jürgen Rohleder, Ratsmitglied und mittlerweile pensionierter Polizist, um die Verbesserung der Erkennbarkeit von Bushaltestellen. Mit der Fachhochschule fand er einen kompetenten Partner, mit dem Land Nordrhein-Westfalen einen Sponsor für das Forschungsprojekt.
Die FH hat daraufhin umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Ausgangslage für die Forscher: an vielen Bushaltestellen kommt die Sicherheit zu kurz. Es wird zu schnell gefahren, insbesondere bei Dunkelheit sind die Haltestellen, die oft von Schulkindern benutzt werden, schlecht zu erkennen. Die Aufgabe bestand nun darin, keine neue Rechtsgrundlage für die Straßenverkehrsordnung zu schaffen, oder ein neues rechtsverbindliches Straßenschild zu erfinden. Es ging darum, mit einem geeigneten Hilfsmittel die Autofahrer zu sensibilisieren - und zwar nicht mit Blick auf das eigentliche Buswartehäuschen, sondern auf den gesamten Bereich 50 Meter davor und dahinter. Denn dort passieren die meisten Unfälle durch unachtsames Überqueren der Fahrbahn. Mit den neonfarbenen Zylindern ist dies gelungen.
Die Erkennbarkeit von Bushaltestellen hängt laut Prof. Bahndorf aber auch von anderen Einflüssen ab, z.B. von der Beleuchtungseinrichtung am Kraftfahrzeug, vom Straßenverlauf, von der Bebauung am Straßenrand. Oft wird die Haltestelle auch durch Grünbewuchs verdeckt. Theoretisch-wissenschaftlich lautete die Aufgabenstellung also: sehen, wahrnehmen, erkennen. Mit Hilfe der grellen Farbzylinder wurde hier eine Menge erreicht. Das haben die Befragungen und Tests eindeutig bewiesen. Gleichwohl gibt es noch eine Menge zu tun. Zum Beispiel sollten sich die Städte und Gemeinde auf einheitliche, auffallende Farbgebung für ihre Bushaltestellen einigen - das ist bisher nicht der Fall. Auch könnten die Bushalte-Hinweisschilder (das große H mit dem Fahrplan an der Stange) neonfarben gehalten werden. So ließe sich mit einer Vielzahl von kleineren Maßnahmen die Sicherheit an Haltestellen deutlich erhöhen.
Wie es mit dem »Lübbecker Signalkörper« weitergeht, ist noch unklar. Wie bei der Diskussion im FH-Hörsaal anklang, gibt es nicht nur Befürworter. Einigen Teilnehmern war der Signalkörper nicht weitgehend genug: er habe keine rechtliche Verankerung und Auswärtige wüssten kaum etwas damit anzufangen. Hinzu käme die Kostenfrage.
Die Lübbecker können sehr wohl etwas damit anfangen. Bürgermeisterin Susanne Lindemann hält die Ausstattung weiterer Bushaltestellen mit Signalkörpern für sinnvoll. Im Stadtgebiet gibt es 108 Haltestellen, 70 davon sind durch das Pilotprojekt bereits ausgerüstet: »Über die restlichen müssen wir sprechen«. Die Stadtverwaltung werde die Kostenfrage prüfen. Geprüft wird aber nicht nur im Lübbecker Rathaus: »Wir werden dem NRW-Verkehrsminister unser Projekt vorstellen. Und auch die Bund-Länder-Kommission hat Interesse signalisiert!«, hofft Prof. Bahndorf auf eine bundesweite Realisierung des Lübbecker Projekts.

Artikel vom 26.01.2006