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»Frauen haben Angst, in Hartz IV zu landen«

Caritas-Schwangerschaftsberatung in Brakel zählt seit fünf Jahren steigende Zahl von Kontaktsuchenden

Von Michael Robrecht
Brakel (WB). Auch wenn die Schwangerschaftsberatungstelle der Kreis-Caritas seit fünf Jahren keine Beratungsscheine mehr ausstellen darf, suchen immer mehr Frauen den Kontakt zu der katholischen Einrichtung. »1027 Gespräche haben wir 2005 gezählt. Die Tendenz ist steigend«, berichtet Beraterin Magdalena Schymik.

Während es bei Donum Vitae und der AWO-Beratung oftmals um die Ausstellung oder Nichtausstellung von Beratungsnachweisen geht, müssen bei der Caritas seit dem Jahr 2000 die konkrete Hilfe und das Gespräch im Vordergrund stehen: »Themen und Konflikte sind weit gefächert«, sagt Magdalena Schymik. Materielle Sorgen, Angst in Hartz IV zu landen, Probleme mit dem Partner, Furcht vor Arbeitslosigkeit durch immer mehr Leiharbeit und wackelnde Jobs sowie ständig den sozialen Abstieg vor Augen kommen ratsuchende Frauen in die für den ganzen Kreis zuständige Caritas-Beratungsstelle im früheren Kapu-zinerkloster in Brakel.
Im Berichtsjahr 2005, das jetzt während eines Pressegespräches erläutert wurde, haben 196 Frauen die Beratung in der Nethestadt persönlich aufgesucht. Kontakte mit Frauen hat Magdalena Schymik insgesamt 1027 gezählt. »Das ist seit Einrichtung der Caritas-Schwangerenberatung eine Steigerung von 115 Prozent«, erzählt die Expertin. Caritas-Kreisvorsitzender Franz-Josef Thöne sieht die Entscheidung, trotz Ausstiegs der Kirche aus dem »Scheineschreiben« weiterhin ein Beratungsangebot zu machen als richtig an. Skeptiker seien widerlegt: »Wir wollen Mut machen, und das wird im Kreis Höxter auch angenommen«, meint der Alt-Landrat. Ein klares und werteorientiertes Beratungskonzept mache die katholische Schwangerschaftsberatung in der pluralen Gesellschaft zu einer gesellschaftspolitischen Notwendigkeit, unterstreicht die Caritas.
Auf schwangere Frauen (nur die Hälfte der Ratsuchenden ist verheiratet) kommt oft ein Wust an Problemen zu: Bin ich reif für ein Kind? Wie soll das finanziell gehen? Kind und Beruf - wie funktioniert das? Was wird, wenn das Kind behindert ist? Psychosoziale und individuelle Beratungen wie in Brakel sollen hier helfen. Es gibt wirtschaftliche Hilfe wie Kleidung, Spielsachen, Zuschüsse.
»Das persönliche Gespräch ist ganz wichtig. Wie kann man die Lebensbedingungen der Frauen verbessern? Wie das soziale Netz stärken?«, schildert Magdalena Schymik Fragen. Der Bedarf sei schon ein dreiviertel Jahr nach Eröffnung der Beratungsstelle so groß gewesen, »dass wir eine volle Stelle eingerichtet haben«, berichtet Caritas-Kreisgeschäftsführerin Hedwig Mellwig. Wichtig ist den Brakelern auch, Angebote wie in der Mutter-Kind-Gruppe, wo bald wieder Plätze frei werden sowie Kontakte zu Gleichgesinnten zu vermitteln.
Franz-Josef Thöne kündigt an, die Sammlung von Sachspenden zu verstärken, damit in der Caritasstelle in Brakel Kinder- und Babykleidung, Schuhe oder Bettchen zur Verfügung stehen. Wer aus dem Kreis Höxter etwas abgeben möchte, ist willkommen. Ansprechpartnerin für alle Frauen: Magdalena Schymik unter Telefon 05272-377058. Sie ist auch unter schwangerschaftsberatung@caritas-hx.de) per email erreichbar.
Die Caritas-Beratung wird inzwischen öffentlich genau so gefördert wie Konfliktberatungsstellen, freut sich Franz-Josef Thöne.

Artikel vom 25.01.2006