24.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Angst vor der
großen Welle
immer kleiner

Weiterer Baustein im Hochwasserschutz

Von Karl Pickhardt (Text und Foto)
Kreis Paderborn (WV). Selbst eine »große Welle« kann im Paderborner Land nach menschlichem Ermessen keine Katastrophe mehr auslösen. Nach dem ersten Spatenstich für ein neues Hochwasserrückhaltebecken gestern in Benhausen wird das Sicherheitsnetz gegen so genannte »Jahrhundert-Hochwasser« in und um Paderborn immer lückenloser.

Nach der Hochwasserkatastrophe (1965) vor gut 40 Jahren hat der Wasserverband Obere Lippe (WOL) mit einem Netz von inzwischen 21 Rückhaltebecken das Paderborner Land weitgehend vor Hochwasser mit den Ausmaßen der Fluten von Ostdeutschland vor einigen Jahren abgeschirmt. Dafür wurden nach Angaben von Landrat Manfred Müller (44) in vier Jahrzehnten mehr als 45 Millionen Euro investiert.
Immer mehr Menschen im 300 000-Einwohner-Landkreis erhöhen allerdings auch die Hochwassergefahr, weil zunehmende Flächenversiegelungen und Kanalisationen das Risiko einer Wasserwelle innerhalb weniger Stunden nach ergiebigen Niederschlägen mehren. »Die große Welle ist daher unser Problem«, weiß Landrat Müller.
Mit dem ersten Spatenstich zu einem weiteren Rückhaltebecken südlich von Benhausen im Tal des Gottebaches ist künftig die »Gefahr aus dem Osten« für Paderborn gebannt. Am Bahndamm der Linie »Paderborn - Altenbeken« am »Benhauser Bogen« kann im Ernstfall ein elf Hektar großer See mit 385 000 Kubikmeter Wasser gestaut werden. Damit soll ein potentielles Jahrhundert-Hochwasser gebändigt werden, wenn ohne Schutz bis zu 17 Kubikmeter Wasser pro Sekunde auf Paderborn zurollten. Das 2,1 Millionen Euro teure Rückhaltebecken bei Benhausen ermöglicht einen kontrollierten Ablauf von nur noch einem Kubikmeter pro Sekunde. Der Wasserverband möchte mit dem Benhauser Becken ein Einzugsgebiet von knapp zehn Quadratkilometern zügeln. Dazu wird vor dem Bahndamm ein Erddamm aufgeschüttet und ein Auslaufbauwerk erstellt. Die Höhe des 430 Meter langen Dammes am Papenberg beträgt zwölf Meter über der Talsohle.
»Wir dürfen die Hochwassergefahr nicht unterschätzen«, rechtfertigte der Landrat gestern die Millionen-Investitionen, die auch dem Schutz der Firmenlandschaft diene: »Denken wir dabei nur einmal an Benteler«, sagte Müller.
Kreisweit bleibt nach dem Trockenbecken von Benhausen, das nach Einschätzung von WOL-Geschäftsführer Wilhelm Hüsemann (53) im Frühjahr 2007 fertiggestellt ist, noch der Lipperaum bei Schloß Neuhaus als Wasser-Sorgenkind. Dort bahnt sich unter Verzicht auf den Bau eines weiteren Rückhaltebeckens eine Lösung mit dem Tallesee an. Der Wasserverband prüft eine Senkung des Seespiegels um etwa einen Meter sowie die Aufschüttung eines 1,5 Meter hohen Dammes. Damit könnten bei Schloß Neuhaus im Tallesee im Notfall 500 000 Kubikmeter Wasser kontrolliert gestaut werden. Allerdings müssen für diesen See noch die ökologischen Auswirkungen solcher Hochwasserschutzmaßnahmen geklärt werden. »Wir müssen zum Beispiel nachweisen, dass dabei die Bachmuschel keinen Schaden nimmt«, sagte WOL-Geschäftsführer Hüsemann.

Artikel vom 24.01.2006