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Angst vor dem »Ausbluten der City«

Postagentur wechselt ins Einkaufszentrum -Êmehrere Geschäftsschließungen -ÊKaufleute fordern Konzept

Steinheim (hai/nf). Bänke inmitten kleiner grüner Oasen sollten den Besuchern den Aufenthalt in der Steinheimer Innenstadt so attraktiv und angenehm wie möglich machen. Im vergangenen Jahr entstanden Sandlandschaften, der Kirchplatz wurde komplett neu gestaltet und mit der Fußgängerzone auf ideale Weise verbunden.

Im Mai soll ein der Bürgerstiftung gespendetes Glockenspiel erklingen und damit für eine weitere Attraktion sorgen, während die Stadt ihrerseits ein Programm zur Fassadensanierung auflegte. Das Hauptproblem, das »Ausbluten der Innenstädte und Geschäftsleerstände«, konnten die eingeleiteten Maßnahmen offenbar nicht stoppen. Binnen weniger Wochen schlossen im Zentrum Steinheims fünf Läden -Êdarunter der erst im August mit großen Hoffnungen wieder eröffnete REWE-Nahkauf (das WB berichtete). Jetzt steht ein weiterer Exodus vor der Tür.
Wie das WESTFALEN-BLATT erfahren hat, werden sich am 1. April in der Detmolder Straße die Türen der Postagentur von Birgitt Stieneke schließen, die drei Tage später mit der Lottoannahmestelle und dem Zeitschriftenladen in den »Minipreis-Center« umzieht. »Für meine Kunden bleibt aber alles beim Alten, sie bekommen am neuen Standort in gewohnter Weise alles zum gewohnten Service«, versichert die Inhaberin auf Nachfrage dieser Zeitung. Die Öffnungszeiten werden sich sogar deutlich verbessern - täglich von 8 bis 20 Uhr ist dann die Lottoannahmestelle und der Zeitungsladen (für die Post gelten etwas eingeschränkte Zeiten) -Êmit vielen kostenlosen Parkplätzen unmittelbar vor der Tür.
Der Kundenablauf im Markt werde ebenfalls wesentlich besser, weil es für alle Bereiche nur noch eine Theke gibt. Besonders freuen dürfen sich die Inhaber der Postfächer, die durchgehend von 8 bis 20 Uhr zugänglich bleiben. Ihre Entscheidung begründet Birgitt Stieneke mit dem interessanten Angebot von Minipreis, ihr Geschäft im Bereich der heutigen Obsttheke einzurichten -Êaber auch mit dem Rückgang des Einkaufsangebots in der Innenstadt. Dadurch seien viele Kunden ausgeblieben, »der Teufelskreis dreht sich ständig schneller«. Ausschlaggebend sei aus ihrer Sicht auch der ständige »Kleinkrieg« durch die Parkraumbewirtschaftung gewesen, die in der praktizierten Form von den Kunden nicht kritiklos hingenommen wurde. Das habe das Fass für sie zum Überlaufen gebracht, erklärt Birgitt Stieneke ihre unternehmerische Entscheidung, weil es da »null Toleranz« gab. »Kunden haben sich immer wieder massiv beschwert, dass sie nur eine Zeitung oder eine Briefmarke gekauft haben -Êund bei der Rückkehr zu ihrem Auto schon ein Knöllchen einstecken mussten!«.
Dass der Umzug der Postagentur gegenüber dem Rathaus auch für andere Geschäfte in der Innenstadt und der Fußgängerzone massive Konsequenzen haben könnte, davon gehen immer mehr Bürger aus. Denn mit 600 Kunden an normalen Tagen und bis zu 1500 in der Weihnachtszeit war die Poststelle Stieneke ein wichtiger Frequenzbringer, der auch anderen Geschäften die Kunden zuführte.
Dr. Peter Junior, Vorsitzender der Steinheimer Werbegemeinschaft, sagte gestern auf WESTFALEN-BLATT-Anfrage: »Der Weggang der Poststelle ist ein großer Verlust. Die Entwicklung (Schließung von mehreren Geschäften in kurzer Zeit) stimmt sehr bedenklich. Wir befinden uns permanent in der Krise, wenn stets nur Löcher gestopft werden. Wir haben versucht, dagegen zu arbeiten. Aber vieles wird mit den Füßen abgestimmt!« Jetzt müsse ein klares Konzept her.

Artikel vom 21.01.2006