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Neue Therapieform erhöht Chancen

Beirat der Klinik Schloss Haldem sehr zufrieden mit Entwicklung - Arbeit vorgestellt

Von Sandra Knefel
Haldem (WB). Der Beirat der Westfälischen Klinik Schloss Haldem ist zufrieden mit Leistung und Entwicklung der Maßregelvollzugseinrichtung zur Behandlung und Rehabilitation Suchtkranker, die es nun schon seit 47 Jahren in Haldem gibt.

Stemwedes Bürgermeister Ekkehard Stauss, Vorsitzender des Beirats, lobt das Fachkrankenhaus auch in puncto Sicherheit. Die Entweichungszahlen hätten sich deutlich reduziert und die qualitativ hochwertige Therapiearbeit sorge dafür, dass den Patienten für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft gute Prognosen erteilt werden könnten, so Stauss.
Zurzeit werden 192 Patienten betreut, davon 31 im so genannten »Langzeiturlaub«. »Diese Patienten werden zur Erprobung phasenweise in die Freizeit entlassen und dabei von der Klinik begleitet«, erläutert Barbara Steinmeyer, Kaufmännische Direktorin. Die Prognose bezüglich der Reintegration dieser Patienten stehe gut. Die Klinik helfe ihnen, sich wieder in der Umwelt zurechtzufinden.
Die Mehrzahl der Patienten befindet sich in einer befristeten Therapie für Straftäter, die aufgrund ihrer Suchtkrankheit straffällig geworden sind oder während der Tat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss standen. Sie können vom Gericht neben einer Haftstrafe zur Unterbringung in eine Entziehungsanstalt verurteilt werden, wenn konkrete Aussichten auf Behandlungserfolg bestehen. Ziel ist es, die Täter von der Sucht zu befreien.
18 Patienten der Klinik sind psychisch kranke oder intelligenzgeminderte Straftäter, die aufgrund ihrer Krankheit nicht für ihre Tat zur Verantwortung gezogen werden können. Sie werden in Forensische Kliniken eingewiesen. Diese Unterbringung dient zur Sicherung und Therapie und ist nicht zeitlich befristet: Sie richtet sich allein nach den Behandlungsfortschritten. Erst wenn keine Gefährdung mehr vom Patienten ausgeht, wird der Freiheitsentzug schrittweise gelockert.
Ekkehard Stauss betont die Bedeutung des Beirats als Organ, das die Arbeit der Klinik in die Öffentlichkeit transportiert. »Den Beirat kann man sich vorstellen wie eine Brücke zwischen drinnen und draußen«, beschreibt Stauss. »Eine Brücke der Information und des Verständnisses. Wir möchten Vorurteilen der Bevölkerung begegnen und der vorherrschenden Schwarz-Weiß-Malerei sowie der leider häufigen Verkennung der Tatsachen entgegenwirken.«
16 Mitglieder - darunter Schulleiter, Polizisten, Politiker, Journalisten und Ärzte - fungieren als Bindeglied zwischen Klinik und Öffentlichkeit. Drei bis vier Mal im Jahr treffen sich diese zur wechselseitigen Information.
Der Beirat setzt sich unter anderem mit den inhaltlichen Aspekten der therapeutischen Arbeit auseinander. »Die Klinik trägt mit ihrer Arbeit zur Sicherheit in der Gesellschaft bei. Was hier geschieht, ist entgegen der landläufigen Meinung keine Verschwendung vo Steuergeldern: Hier werden Arbeitsplätze geschaffen und unterhalten«, betont Stauss.
»Wir leisten mit unserer Resozialisierungsarbeit einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe«, unterstreicht auch Dr. med. Ingbert Rinklake, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Die vielfältigen Krankheitsbilder erforderten ein differenziertes Therapieangebot, das die individuelle Behandlung der Einzelschicksale ermögliche, so Rinklake. »Wir behandeln die Krankheiten effektiv, damit eine Reintegration stattfinden und für die Zukunft Sucht- und Straffreiheit der Patienten prognostiziert werden kann«.
Seit Januar setzt die Klinik auf eine neue Therapieform für Patienten mit geringen Haftstrafen, wenig Vorverurteilungen und guten beruflichen Wiedereingliederungschancen. Diese Patientengruppe soll bereits in der Aufnahmephase motiviert werden.
Da eine lange Behandlungsdauer häufig zum vorzeitigen Therapieabbruch führt, hat die Klinik ein neues Intensivtherapieprogramm entwickelt und zu Jahresbeginn umgesetzt. Patienten mit günstigen Behandlungsvoraussetzungen stehen zehn Plätze für eine Kurzzeittherapie zur Verfügung, in der die Inhalte der Suchttherapie in intensiver und komprimierter Form innerhalb eines kürzeren Zeitraums (neun bis zwölf Monate) umgesetzt werden. »Die Kurzzeittherapie ist keine Therapie ÝlightÜ«, so Stauss. »Es ist eine sinnvolle Idee, die Therapieakzeptanz der Patienten zu steigern«.
Die Klinik ist auch in Forensischer Nachsorge tätig. Diese Nachbetreuung ist eine Bewährungsauflage für bedingt entlassene Patienten. Die Klinik organisiert einen »Runden Tisch« für alle gesetzlichen und therapeutischen Betreuer, die regelmäßig miteinander kommunizieren und den Patienten sowohl unterstützen als auch kontrollieren. So kann die Rückfallwahrscheinlichkeit gemindert und auf Gefahr reagiert werden. Für das Jahr 2005 konnte eine insgesamt positive Bilanz gezogen werden. Es habe keine spektakulären Entweichungen gegeben, Öffentlichkeitsgefährdung habe nicht bestanden, berichtet Rinklake. Mit nur 21 Fahndungsersuchen befinde man sich auf einem stabil niedrigen Standard.

Artikel vom 21.01.2006