23.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Er spricht, schießt und trifft«

Zweiter Bünder Kleinkunstpreis an Jochen Malmsheimer verliehen

Bünde (jp). Zwölf Comedians traten im vergangenen Jahr auf der Bühne des Bünder Universums gegeneinander an. Gnadenlos wurde das Zwerchfell zahlreicher Zuschauer strapaziert, die anschließend ihrem Favoriten ihre Stimme schenkten. Am Ende konnte es aber nur einen geben: Jochen Malmsheimer überzeugte mit verbalen Rundumschlägen und sicherte sich die »Bünder Zigarre«, den ultimativen Comedypreis im Bünder Land.

Nach einer Laudatio von Dirk Kaiser, die nach eigener Einschätzung im Vergleich zur Sprachgenialität von Jochen Malmsheimer nur in einer »stümperhaften Stammelei« enden konnte, überreichte Bündes Bürgermeisterin Anett Kleine-Döpke-Güse am Freitagabend den mit 3000 Euro dotierten Kleinkunstpreis. Nicht zuletzt motiviert durch dieses stattliche »Sümmchen« legte Malmsheimer dann richtig los. Mit im Gepäck hatte er sein neues Programm.
»Ich bin kein Tag für eine Nacht - ein Abend in Holz«. Alle Klarheiten waren beseitigt, das Chaos konnte beginnen. Da stand er nun und redete. Gesten brauchte Malmsheimer noch nie. Seine schiere Wortgewalt genügte, um das Publikum in Lachekstase zu versetzten. Wie eine Maschine salzte der gebürtige Essener seine verschlungenen Satzkonstruktion mit abstrusen Verben - laut Malmsheimer wohl die glücklich-ste Wortgruppe, haben sie doch immer eine Zukunft - und Adjektiven zu intellektuellen Könnerzeilen par excellence. Von Dirk Kaiser wurde Malmsheimer treffend als ein Cowboy beschrieben: »Er schießt und trifft«. Gnadenlos zog er über den allgemeinen Stumpfsinn her. Ohne Tabu auch seine Wertung zum »Koch«-Fernsehen. Die erste Sendung in diesem Format wurde von Max Inziger moderiert. »Fünf Minuten hatte der, um ein ganzes Menu zu zaubern. Unvergessen sein Leitmotto: „Ich habe da mal etwas vorbereitet“. Max Inziger war kein Koch, sondern wohl eher der größte Aufwärmer der Republik«, lautete das Urteil des Niveaukomikers. Jochen Malmsheimer, würdiger Nachfolger von Hagen Rether, dem ersten Gewinner des von Arnold André Cigars gesponserten Kabarettpreises, begeisterte sein Publikum auch am Freitagabend. Gewählt hatten sie ihn für seine ganz eigene Interpretation von Stand-Up-Comedy. Keine Bühnenhampelei mit kurzen Beleidigungssalven auf das Publikum in der ersten Reihe und vereinzelte Politveräppelungen - Schadenfreude ist eben doch nicht immer die schönste Art der Freude -, sondern poetisch ausgefeilte Gags mit Tiefsinn.

Artikel vom 23.01.2006